Wir erreichen ohne größere Komplikationen um 14 Uhr nach siebenstündiger Serpentinenfahrt die Grenzstadt Bhairawa. Nur an einer Stelle mussten wir während der Fahrt anhalten, um zu helfen (bzw. den Nepali dabei  zuzusehen), einen Lastwagen vor dem Absturz zu bewahren. Der Fahrer war beim Parken am Straßenrand wohl zu weit an den Abgrund heran gefahren, so dass sein Gefährt schon eine gefährlich aussehende Schieflage hatte. Die vereinten Kräfte der Nepali Jungs und ihr fachkundiger Einsatz bringen den vom Kurs abgekommenen LKW aber schnell wieder in die sichere horizontale Ebene.

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Rettungsaktion Lastwagen.

Natürlich werden wir in Bhairawa sofort angequatscht, ob wir mit einem Taxi nach Lumbini fahren wollen. Insgesamt sind wir acht Touristen, die nach Lumbini wollen. Der Taxifahrer verlangt 100 Rs pro Person, eigentlich ein ganz gutes Angebot, auch wenn wir nur etwa eine halbe Stunde unterwegs sein werden. Doch eine Holländerin und eine Chinesin finden den Preis überteuert, immerhin soll der Bus nur die Hälfte kosten (dafür ist er aber auch doppelt so lang unterwegs und ist tausend Mal unbequemer). Also fällt das Taxi schon mal flach und wir laufen mit unseren schweren Taschen beladen über die chaotische und staubige Kreuzung zum Busstand. Dort werden wir gleich in einen mini kleinen Bus gewunken. Ich bekomme einen Platz so klein wie die Hälfte einer Pobacke und muss meine Beine umständlich verschlingen, damit ich rein passe. Die anderen müssen vorerst stehen. Die Fahrt ist an Unbequemheit kaum zu übertreffen und dauert eine ganze Stunde. Jetzt schnell ins Hostel, wo ich ein Zimmer reserviert habe. Die Zimmer, die uns gezeigt werden, sind alle ein wenig oll, die Badezimmer schmutzig, genau wie die Laken und Bezüge. So ist das anscheinend mit Lonely Planet Empfehlungen. Aber wir bleiben trotzdem, Zeit uns was anderes zu suchen haben wir eh nicht. Immerhin bleiben wir ja nur eine Nacht hier und wollen eigentlich zu den Tempeln und den Geburtsort Buddhas besuchen. Wir essen schnell eine Kleinigkeit, denn wir haben seit dem Frühstück (eine Zimtschnecke in Pokhara am Tourist Bus Stand) nichts mehr gegessen, dann laufen wir zum Eingang der Tempelanlage. Das Gelände ist ziemlich riesig und so schaffen wir es vor Einbruch der Dunkelheit nur zu einem Bruchteil der verschiedenen Tempel. Dennoch sind wir begeistert von diesem “Buddhisney Land”, in dem alle paar hundert Meter sich ein weiterer riesiger prachtvoller Tempel auftut.

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Der Garten, in dem Buddha’s Mutter aus einem Teich gestiegen ist um ihren Sohn, Prinz Siddharta Gautama, zu gebären.

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Und gegenüber der Tempel, der direkt auf dem Geburtsort von Prinz Siddharta Gautama, alias Buddha, erbaut wurde.

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Die Landschaft ist karg, mit trockenen wilden Wiesen, ein paar Bäumen und hin und wieder einem sumpfigen Teich oder Fluss, aber sehr friedlich. Es liegt eine Atmosphäre von Meditation und Ruhe in der abendlichen Luft. Wir besichtigen verschiedene Tempel, die alle von unterschiedlichen Ländern, in denen Buddhismus eine Rolle spielt, erbaut wurden.

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Auf dem “Rund”-gang des chinesischen Tempels.

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Typisch chinesischer Tempel.

Der chinesische Tempel weckt in uns Erinnerungen an Beijing und Shanghai und fühlt sich fast schon heimisch an. Der koreanische Tempel sieht von außen erst ziemlich hässlich aus, ein riesiger Betonklotz mit grauem Backstein verkleidet und Pagodendächern.

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Südkorea demonstriert nicht gerade Kreativität, oder…?

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Die Schlichtheit spricht jedoch eine ganz andere Sprache.

Von innen beeindruckt uns dann jedoch die beruhigende Stimmung. Wie in jedem Tempel müssen wir unsere Schuhe draußen lassen. Es duftet nach süßem Rauch, Kerzen stehen hinter einem schlichten Altar und über unseren Köpfen hängen bunte Papierlampions, an denen Zettel mit Gebeten befestigt sind. Auf dem Boden sitzen zwei einsame Gestalten in ihre Meditation vertieft.

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Die Sonne geht rot glühend unter und wir gehen weiter.

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Der nächste Tempel ist wieder ein pompöser mit unzähligen Opfergaben…

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… und Stupas in gold…

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… und weiß.

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Wieder ein Tempel, der jedoch bereits geschlossen ist.

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Und auch in diesen kommen wir nicht mehr rein.

Als es schon dunkel ist und der Mond uns einen Schatten verleiht, laufen wir zufrieden zurück ins Dorf und essen in einem kleinen Restaurant zu Abend.

Am nächsten Morgen stehen wir halbwegs früh um 7 Uhr auf. Wir frühstücken und stellen uns mit unseren Rucksäcken bepackt an die Straße. Sofort hält ein Taxifahrer. Er will 900 Rs und uns bis zur Grenze bringen. Für 300 Rs würden wir’s machen, aber er winkt ab und hofft auf andere zahlungswilligere Touristen. Leider kommt dann aber kein Bus. Nach zwanzig Minuten werden wir langsam ein bisschen ungeduldig. Immerhin ist es bereits kurz vor neun und wir wollen spätestens um elf einen Bus Richtung Gorakhpur nehmen, damit wir noch genügend Zeit haben, um um 17 Uhr unseren Zug nach Delhi zu bekommen. Wir sind auch nicht die Einzigen, die warten: Eine Gruppe Schulkinder steht unweit in ihren Schuluniformen zusammen und vertreibt sich die Zeit mit Spielen und sich gegenseitig ärgern. Auf der staubigen Straße ist einiges los: Motorräder brausen an uns vorbei, Obstverkäufer preisen ihre Orangen, Äpfel und Bananen an, Affen turnen in den Bäumen, klauen sich Obst vom Obstverkäufer oder beobachten das Treiben aus sicherer Entfernung, Kinder spielen, Lastwagen und Traktoren wirbeln scheppernd Staub auf. Aus Richtung Bhairawa kommen auch immer wieder Busse, doch es dauert eine ganze Stunde bis ein Bus nach Bhairawa aus dem Nebel auftaucht. Und was für ein Bus! Die Decke ist so niedrig, dass wir uns weit runter bücken müssen, das Licht ist schummrig, da die Fenster klein, schmutzig und mit dunkler Folie abgeklebt sind. Die Sitzreihen bestehen aus einem groben Eisengestell, auf das die Polster drauf gelegt wurden, welche jedoch auch weit von dem entfernt sind was sie mal waren. Die Polsterung quillt aus dem aufgeplatzten Bezug hervor oder ist gar nicht mehr vorhanden und man sitzt auf einem Holzbrett, das auf dem Gestell liegt. Zusätzlich sind Lehnen und Sitze so lose, dass sie bei jeder Beschleunigung und bei jeder Vollbremsung nach hinten oder vorne rutschen oder sich vollkommen lösen. Der Bus kommt uns vor wie aus einem schlechten Gruselfilm. Als es endlich los geht rattern und holpern wir in übermäßiger Geschwindigkeit über die rudimentäre Straße. Eine halbe Stunde später sind wir endlich da. Jetzt nur schnell zur Grenze. Wir klettern beim ersten Anbieter auf seine Fahrradrikscha und lassen den Mann mit der Schnapsfahne (um 10 Uhr morgens!) in die Pedalen treten. Mit unseren Rucksäcken sind wir eine ziemlich schwere Fracht. Unterwegs will er uns noch überreden ihm mehr zu zahlen, aber wir beharren auf unseren 30 Rs, wie vereinbart. Nach etwa 30 Minuten sind wir in Sunauli, der dreckigen, lauten Grenzstadt. Wir halten dem Mann 50 Rs hin, unser letztes nepalesisches Geld, aber er will 100 Rs, 50 Rs pro Person. Wir stellen ihn vor die Wahl “Take it or leave it” und marschieren in das Immigration Office um unseren Ausreisestempel abzuholen. Der Mann verfolgt uns noch in das Büro und bekommt dort von den Angestellten ein paar unfreundliche Worte zu hören. Schließlich nimmt er das Geld und verschwindet. Wir bekommen unseren Stempel und verlassen das vom Hupen der Taxen, Jeeps, LKWs, Motorräder und Roller erfüllte Sunauli durch ein riesiges Tor. Ein paar Meter laufen wir durch No-Man’s- Land, einen etwa 10 Meter breiter Grün- bzw. Müllstreifen, vor uns tut sich ein weiteres Tor auf. Oben ist die indische Fahne aufgemalt, darunter steht “Welcome to India”. Wir haben’s geschafft! Nach ziemlich genau sechsmonatiger Reise über Land sind wir am Ziel unserer Reise angekommen: Indien.

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