Nong Khiaw

Der verrückte Minivanfahrer bringt unser profilloses Fahrzeug endlich zum Stehen. Wir sind da. Kaum sind wir ausgestiegen, fährt schon der nächste Minibus vor, wir sollen einsteigen und uns für weitere 5.000 Kip pro Person in den Ort fahren lassen. Sind wir also doch noch nicht da? Nein, bis in den tatsächlichen Ort sind es angeblich noch 20 Minuten zu Fuß – oder fünf Minuten mit dem Minibusfahrer, der so nett ist uns zu fahren. Was für eine Abzocke! Wir protestieren, immerhin haben wir die Fahrt bis in den Ort hinein bereits bezahlt, und laufen entschlossen und kollektiv. In der glühenden Mittagssonne unterhalten wir uns mit den Franzosen, erzählen von Indien und versuchen vorbeikommende Autos anzuhalten, damit sie uns mitnehmen. Aber die Leute kennen den Preis, sie wollen ebenfalls 5.000 pro Person…

Nach einer guten Viertelstunde erreichen wir die etwas überdimensionierte Brücke, die über den Nam Ou führt und überqueren diese.

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Nong Khiaw am Nam Ou.

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Auf der anderen Seite erwartet uns der typische Streifen Hostels und Bungalows aus Bananenblättern. Zusammen sind wir stark: Alle hören sich zu allen Seiten um und schnell wird den Leuten im Ort klar, dass diese Truppe Reisende nach einer günstigen Unterkunft sucht. Die Franzosen haben es eher auf eine urige Hütte abgesehen, wir präferieren aus Erfahrung ein Steinhaus (bessere Isolation = tagsüber kühler, nachts wärmer UND wasser- und insektendicht). Schnell haben wir uns bei dem geringen Angebot einen guten Überblick verschafft und ein schönes kleines sauberes Zimmerchen gefunden und dank lang erprobter Verhandlungskünste bekommen wir es für 30.000 Kip (3 €), statt 40.000, wir sind zufrieden!

Nachdem wir uns eingerichtet und unter der Dusche abgekühlt haben, machen wir eine Erkundungstour durch den Ort. Wir finden heraus, dass Boote in den nächsten Ort Muang Ngoi immer morgens gegen 10 Uhr fahren und wir das Ticket am besten eine Stunde im Voraus kaufen. Beim lokalen Inder, der einen nicht besonders glücklichen Eindruck macht, uns aber auf euphorische Nachfragen hin verrät, dass er aus Madras (Chennai) kommt, bekommen wir gewohnt fettiges Essen, das uns schwer im Magen liegt. Wie haben wir das in Indien nur vertragen?

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Typischer Kalksteinfelsen.

Am Nachmittag machen wir einen Ausflug zu einer Höhle in der Umgebung. Wir müssen erst zwei bis drei Kilometer laufen und befürchten schon, den Eingang zur Höhle zu verpassen, als wir das Eingangsschild entdecken. Von wegen Geheimtipp! Eine hochschwangere Frau erwartet uns bereits, wir müssen 5.000 Kipp pro Person zahlen und werden von da an von erst einem, dann zwei, dann drei kleinen Jungs begleitet.

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Erst über einen kleinen Bach.

Unsere “Führer” geleiten uns einen kleinen Pfad entlang, dann eine ziemlich steile und immer steiler werdende Treppe hinauf zum Eingang der Höhle im Kalkstein-Fels.

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Mehr Leiter als Treppe.

Oben angekommen können wir mit ihrer Hilfe die Höhle erkunden und durch die Öffnungen im Fels nach draußen schauen.

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Zum Glück haben die Jungs ne Taschenlampe dabei!

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Blick nach draußen.

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Unsere drei hochkompetenten Höhlenführer.

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Wieder draußen geht die Sonne gerade unter.

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Nach zwei bis drei Kilometern Rückweg sind wir beide ziemlich k.o., mir tun richtig die Beine weh und ich schmeiße mich ins Bett. Doch irgendwie hilft das nichts, mir tun die Glieder weh und der Kopf fängt auch an zu brummen. Als Christian etwas essen geht, schlafe ich bereits erschöpft. Als er wiederkommt, glühe ich, ohne dass mir heiß wäre. Mein Körper fühlt sich an wie ein Ofen, schlafen kann ich nicht mehr. Ich wälze mich hin und her, meine Muskeln krampfen, meine Knie schmerzen, meine Stirn glüht. Nachts werde ich wach und mir ist unglaublich übel. Ich wanke zur Toilette, mir wird schwarz vor Augen, der Magen dreht sich mir um, so vergeht die Nacht und ich bin glücklich als es endlich hell wird draußen. Ob ich in dem Zustand weiter reisen kann? Wir entscheiden uns dagegen und beschließen noch eine Nacht zu bleiben. Den ganzen Tag über ist mir übel, ich muss immer wieder auf Toilette, kann kaum etwas bei mir behalten. Viel trinken und im Bett liegen ist angesagt. Christian macht eine kleine Erkundungstour allein.

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Ruhen in der Hängematte.

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Christian muss erst einen Stacheldrahtzaun bezwingen,…

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…einen Hang auf seinen FlipFlops herunter rutschen….

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….bis er endlich auf einen versteckten Strand stößt.

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Welch ein Abenteuer!

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Ich lausche vom Krankenlager.

Als am Abend plöztlich ein kräftiges Gewitter nieder geht, sind wir froh, uns doch für das Steinhaus und nicht die windige Hütte entschieden zu haben. Am nächsten Morgen bin ich relativ ausgeruht und fühle mich zwar noch ein wenig schwach auf den Beinen, aber bis zur Bootsanlegestelle ist es nicht weit.

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Hafen von Nong Khiaw am nächsten Morgen.

Wir werden in ein kleines Longtail Boot verfrachtet, dann geht es Flussaufwärts Richtung Muang Ngoi.

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Longtail Boot als öffentliches Verkehrsmittel.

Muang Ngoi

Die Bootsfahrt dauert etwa eine Stunde und ist wunderschön.

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Los geht’s.

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Üppiges Ufer.

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Zwei Passagiere verlassen uns als wir an ihrem Dorf halten.

Wir haben eine tolle Aussicht auf die konisch geformten Felsen, den Urwald, die Palmen, den Strand, an dem sich die Büffel tummeln und im Wasser suhlen. Im knietiefen Wasser wird Seegras geerntet und Fisch gefangen.

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Gegenverkehr.

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Büffel bei der Siesta.

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Kinder erfrischen sich im kühlen Fluss.

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Dann kommen die Stromschnellen: Unser Kapitän weiß genau an welchen Stellen der Fluss tief genug ist, um das sprudelnde Wasser zu durchqueren. Wir fahren bergauf!

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Wir sind schon durch.

Die Fahrt ist ein richtiges kleines Abenteuer und tut richtig gut. Zum Glück sind wir bald da und können uns nach einem Zimmer umsehen, denn ich muss langsam mal wieder aufs Klo…

Lange müssen wir auch nicht suchen. Gleich am Anfang des winzig kleinen Ortes fällt uns ein schönes weißes Gebäude auf, wir bekommen ein Zimmer mit eigenem Bad und Blick auf den Fluss für 50.000 Kip die Nacht. Kurze Zeit später schlendern wir bereits über die einzige Straße des Ortes.

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Einzige Straße im Ort.

Muang Ngoi ist ein verschlafener Ort, in dem mehr Touristen als Laoten wohnen. Grund für seine Beliebtheit ist seine Abgeschiedenheit, Muang Ngoi ist nämlich nur per Boot zu erreichen. Seine Geschichte ist jedoch weniger romantisch: Wie viele andere Orte im Osten und Nordosten Laos‘, wurde es Mitte der 60er bis Anfang der 70er Jahre von amerikanischen Bombern stark zerstört. Angeblich sind damals 1/3 der Bomben nicht hochgegangen und liegt jetzt noch im laotischen Boden. Zwar versucht die laotische Regieren den Boden von Blindgängern zu säubern, aber in dem Tempo, in dem dies geschieht, dauert die ganze Aktion voraussichtlich noch 100 Jahre. Wir fragen uns, ob nicht diejenigen, die die Bomben hier abgeworfen haben, auch an ihrer Säuberung beteiligt sein sollten. Das würde den ganzen Prozess vielleicht ein wenig beschleunigen…

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Nach wenigen Minuten sind wir schon raus aus dem Dorf.

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Wir müssen ein paar Bäche durchqueren damit wir weiter kommen.

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Dem Kleinen ist wohl der Kopf ein bisschen zu groß geraten!

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Die halbwüchsige Geschwisterkatze setzt sich ganz selbstbewusst zu uns auf den Tisch.

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Langsam senkt sich der Abend über uns, den Fluss, die Berge…

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…morgen sind wir schon wieder weg.

Am Abend finden wir ein gemütliches Restaurant, in dem wir gemeinsam mit vielen anderen Backpackern die entspannte Atmosphäre genießen.

Die Nacht wird zum Glück erholsam, wir frühstücken, kaufen uns ein Bootsticket. Leider ist der Preis des Tickets abhängig von der Anzahl der Personen, die mitfährt und der Bootsfahrer will mindestens 1.000.000 Kip für das komplette Boot haben. Maximal fahren 10 Personen mit. Wir sind zu siebt und zahlen pro Person 130.000 Kip. Eigentlich wollten wir länger in Muang Ngoi bleiben, doch da wir bereits einen Tag länger als geplant in Nong Khiaw geblieben sind, müssen wir diesen schönen Ort leider schon hinter uns lassen. Doch wir sind auch ganz froh, dass unser Boot so voll ist, wer weiß, ob am nächsten Tag so viele Leute mitfahren würden. Außerdem haben wir malwieder abgezähltes Geld dabei und einen Tag länger unterwegs bleiben, würde unser Geldpolster ziemlich zusammen schmelzen. Also sitzen wir wenig später im Boot nach Muang Khua.

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Abschied vom schönen Muang Ngoi.

Muang Khua

Diesmal wird die Fahrt etwas länger, angeblich irgendwas zwischen vier und sieben Stunden. Angeblich aber auch die schönste Strecke, die man im Norden Laos’ mit dem Boot zurück legen kann. Mit uns an Bord sind die gesprächige Britin Natalie, die Israelin Shachar, die Irin Joan und zwei Holländerinnen, die sich mit Musik und Büchern unseren Gesprächen entziehen. Leider gibt es nur vier richtige Sitze, von denen zwei von den Holländerinnen dauerhaft besetzt sind. Auf den anderen zwei wechseln wir restlichen fünf uns ab. Ansonsten gibt es nur die harten Holzplanken auf dem Boden.

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Die Mädels Shachar, Joan und Natalie (von links nach rechts) auf den billigen Plätzen.

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Christian überlegt das letzte Stück zu Fuß zu gehen…

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…da braucht er aber wohl noch ein bisschen Unterstützung von Oben…

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Je näher wir unserem Ziel Muang Khua kommen, desto häufiger können wir am Ufer beobachten, wie Leute mit flachen Schüsseln und Sieben im Flusswasser nach kleinen Steinen suchen. Diamanten? Gold? Was am Anfang noch von Hand funktionierte, wird flussaufwärts mit immer größer werdenden Maschinen betrieben. Bagger, die im Wasser stehen (wie die dort hin gekommen sind, ist unklar), schaufeln Sediment auf große Fließbänder, auf denen die Steine gesiebt, gerüttelt, gespült und wieder aussortiert werden. Chinesische Geschäfte, vermuten wir. Als Gegenleistung gibt’s ne große Brücke, wie sie vor Muang Khua gerade gebaut wird.

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Von Goldgräber-Stimmung kein Spur.

Unser Zielort stellt sich als ziemlich hässlich heraus. Eine Fähre schiebt eine im Fluss treibende Plattform im Minutentakt mit Dröhnen und Tosen und viel schwarzem Qualm von einem Ufer zum anderen und transportiert so Lastwagen, Autos und einzelne Personen hin und her. Zum Glück wissen wir bereits, wo wir unterkommen können. Wir steigen aus dem wackligen Boot ins muffelig brackige Wasser und steigen eine wacklige Leiter zum im Internet empfohlenen Hostel hinauf. Die Zimmer sind dunkel, die Wände fleckig, das Badezimmer feucht, doch für eine Nacht… Außerdem ist es relativ günstig, 40.000 die Nacht. Wir duschen, sind erschöpft, essen zu Mittag, das Essen ist nicht besonders gut aber billig. Ein kurzes Gewitter bringt Wind, Donner und Regen. Dann laufen wir in den hässlichen Ort. Eine Straße, fällt uns wieder auf, macht einfach einen riesigen Unterschied. Wir wollen unser restliches Geld tauschen. Doch die einzige Bank, die wir finden können hat natürlich geschlossen. Wir fragen uns durch, doch niemand will unsere Kip gegen vietnamesische Dong tauschen, Dollar ja, aber Dong? Die Leute schütteln entschlossen ihre Köpfe. Dann eben nicht.

Zum Abendessen treffen wir uns wieder mit unseren Reisegefährtinnen und können mit der Isrealin noch 15 US$ gegen 120.000 Kip tauschen. Immer wieder kommt eine der Bedienungen an unseren Tisch, weil sie eins der bestellten Gerichte doch nicht hat. Wir warten Ewigkeiten, anscheinend gibt es in der Küche nur eine Kochstelle.

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Laotische Hochzeit.

Auf dem Rückweg kommen wir an einem großen Fest im Ort vorbei, dessen Vorbereitungen wir bereits am Nachmittag bemerkt hatten. Offensichtlich wird hier eine Hochzeit gefeiert und das ganze Dorf ist eingeladen. Die Musik ist laut, vorne wird langsamer Square Dance getanzt, Kinder rennen herum, es riecht nach Bier und Party. Wir beobachten das Spektakel ein wenig, doch als niemand uns einlädt, verabschieden wir uns von den Mädels und begeben uns zurück in unser ungemütliches Zimmer.

Als ich im Badezimmer das Licht anknipse erschrecke ich eine fette Ratte, die schnell über die Wasserleitung durch einen Spalt nach draußen verschwindet. Eine Ratte im Zimmer hatten wir noch nie. Die Bananen hat sie aber wohl nicht angeknabbert. Immer noch besser als Kakerlaken, denke ich, Christian weiß nicht so recht.

Wir legen uns schlafen, doch diese Nacht ist wieder der Wurm drin. Ich verbringe viel Zeit auf Toilette und bin am nächsten Morgen ziemlich erschöpft. Wir haben den Tipp bekommen, um halb sechs an der Fähre zu sein, der Bus führe um halb sieben. Zusammen mit einigen anderen Reisenden warten wir dann eine Dreiviertelstunde auf die Fähre.

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Warten auf die Fähre: Wenn ein Fluss zur unüberwindbaren Hürde wird, der Bus steht schon bereit.

Das Boot, das die Plattform hin und her schiebt bewegt sich keinen Zentimeter. Ein Longtail Boot legt an und alle stürzen sich darauf, der Bus auf der gegenüberliegenden Seite sieht immerhin ziemlich klein aus und wer will schon sieben Stunden lang stehen… Wir kommen nicht mehr mit. Die Leute müssen stehen, so eng ist das kleine wacklige Boot beladen und wir denken: Lieber im Bus stehen als vom Boot in diese müffelnde braune Suppe fallen. Doch trotz hin und her Geschaukel fällt keiner und die gierigen Vordrängler stürmen den Bus, wir müssen von der anderen Seite der braunen Brühe zusehen. Mit uns warten Joan und die zwei Holländerinnen. Zu fünft werden wir in dem zurückkehrenden Bötchen ans andere Ufer transportiert, in dem Moment schmeißt das Fährboot seinen Motor an, wir werden in schwarzem Rauch gebadet, dann sprudelt das Kielwasser und spritzt uns nass. Bitte nicht kentern jetzt!, sehe ich in den Augen der anderen, doch wir erreichen sicher das andere Ufer und dürfen uns um die verbleibenden Plätze kloppen, falls überhaupt noch was frei ist… Christian kauft uns zwei Tickets, ich bin als erste im Bus und stelle mit Erleichterung fest, dass noch genau fünf Plätze frei sind. Als alle Taschen eingeladen und alle Menschen auf ihren Plätzen sind, geht es los.

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Muang Khua zurück zu lassen… fällt NICHT schwer.

Noch sind wir in Laos, doch wir nähern uns nun der vietnamesischen Grenze. Die Straßen sind erstaunlich gut und breit, teilweise sogar richtig ordentlich asphaltiert (China lässt grüßen). Die Orte, die wir durchqueren, erinnern uns stark an Nepal: Die Häuser sind einfach, meist aus Palmenblättern und Bambus, die Menschen hocken davor und gehen ihren Beschäftigungen nach oder im Innern über ihren Kochtöpfen. Ein paar Mal müssen wir einen “Fluss” durchqueren, wobei das weniger spektakulär ist als uns angekündigt wurde. Zum Glück halten wir zwischendurch und ich wechsele mich mit den zwei Holländerinnen auf der Toilette ab. Wie sich herausstellt, haben die beiden das gleiche Problem wie ich und so können wir uns gegenseitig Trost und Bananen spenden.

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