Die Zugfahrt von Kuala Lumpur nach Singapur wird sehr viel unluxuriöser als erwartet. Zwar haben wir zweite Klasse mit Klimaanlage gebucht, doch nachdem wir während der ersten paar Stunden fast erfrieren, fällt für die restlichen vier Stunden die Klimatisierung komplett aus und unser Wagon verwandelt sich langsam in einen stickigen Backofen. Die Leute machen alle Fenster auf, die geöffnet werden können und auch die Waggontüren stehen offen, um durch den Fahrtwind die Waggons runter zu kühlen. Doch all das verschafft nur geringe Abhilfe gegen die drückende Schwüle, die alle zum Schwitzen bringt. Ich setze mich zwischen zwei Waggons in die offene Tür und lasse den Fahrtwind über meinen verschwitzten Nacken streifen. Doch an manchen Stellen gleicht der Wind der Abluft eines Backofens, die einem entgegenschlägt wenn man die Klappe öffnet. Nicht besonders erfrischend…

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Monokultur Palmölplantage.

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Nasi Lemak zum Mittagessen.

Endlich erreichen wir die Grenze. Alle diejenigen, die nicht nach Singapur wollen, verlassen den Zug. Mit ein paar wenigen anderen bleiben wir verschwitzt auf unseren Sitzen und reichen den Grenzbeamten unsere Pässe, in die sie unser Ausreisedatum eintragen. Es geht weiter und wir erreichen Singapur, genauer gesagt das Meer, denn Singapur ist ja mehr eine Insel als ein Land. Über dicke Rohre wird Trinkwasser auf die Insel mit dem unerschöpflichen Bedarf an Ressourcen gepumpt.

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Gemeinsam mit dem Trinkwasser geht’s rüber nach Singapur.

Kaum sind wir auf der anderen Seite des Wassers, fahren wir bereits in einen Bahnhof ein. Hier steigen alle aus, also folgen wir und laufen zur Grenzkontrolle. Wir müssen uns anstellen und bekommen unseren kostenlosen Einreisestempel. Wir folgen den Schildern und finden uns bei der nächsten Sicherheitskontrolle. Unsere Taschen werden auf einem Band durchleuchtet, dann kontrolliert ein ernsthafter Beamter, der aussieht als würde er keinen Spaß verstehen, penibel genau Christians Gepäck. Er kramt wirklich alles heraus uns stellt ständig skeptische Fragen (beim Anblick von Taucherbrille und Schnorchel fragt er z.B. ob Christian ein Tauchermesser dabei habe). Christian sieht vielleicht mittlerweile aus wie ein Hippie, aber bei den hohen Strafen (auf Einfuhr und Handel mit Marihuana steht angeblich die Todesstrafe!) wäre doch keiner so blöd irgendwas dabei zu haben. Meine Tasche und die anderer Backpacker rührt der Sicherheitsbeamte nicht an. Endlich sind wir entlassen und dürfen dieses scheinbar sehr sicherheitsbewusste Land betreten. Wir befinden uns am nördlichsten Zipfel der Insel und müssen vorerst mit dem Bus zur Metro und von dort aus mit der Bahn einmal quer durch die Stadt (also durchs Land) fahren. Unser Couchsurfer, der uns die ersten zwei unserer vier Nächte in Singapur beherbergen wird, wohnt an der Marina Bay, dem neuen Finanzdistrikt der Stadt. Wir haben keine Probleme Bus und Metro zu finden. Alles ist gut und auf Englisch beschildert. Wir kaufen zwei Metrokarten für ca. 2 Singapur Dollar (1 S$ sind etwa 60 €Cents) pro Person. In einer Bäckerei wollen wir uns einen Snack kaufen und müssen das erste Mal feststellen, dass Singapur wirklich so teuer ist wie alle sagen: Ein Körnerbrötchen (immerhin gibt es so was hier!) kostet ganze 3 S$! Preislich sind wir hier also in Deutschland oder der Schweiz. Wir fahren eine Stunde und haben Singapur einmal von oben bis unten mit der Metro durchquert. Echt kompakt dieser Stadtstaat!

Wir fahren zunächst überirdisch und bekommen durch die Fenster einen ersten Eindruck von der 5 Millionen Stadt. Alles sieht recht gepflegt aber auch ein bisschen unbelebt aus. Die Menschen scheinen hier überwiegend in Wohnkomplexen in Hochhäusern zu leben, die zwar alle gepflegt aber nicht auf dem neuesten Stand sind. Ich habe gleich das Gefühl, dass ich hier nicht leben wollen würde, wie eine fleißige Biene in einem Bienenstock. Als wir an der Haltestelle “Raffles Place” nahe der Marina Bay an die Erdoberfläche zurück kommen, können wir unseren Augen kaum glauben. Um uns herum erheben sich himmelhohe Gebäude. Alles glänzt ist sauber und gepflegt. So sieht also das Stadtzentrum aus!

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Geht’s hier zu unserem Couchsurfer?

Wir wissen, dass wir zum Marina Bay Tower 1 müssen und fragen ein paar Leute. Man schickt uns in eins der riesigen Häuser, an dem jedoch der Zusatz “Financial Center” dran steht. Wir sind verwirrt. Arbeitet unser Couchsurfer hier oder wohnt er im Finanzzentrum? Wir hoffen nur, dass wir gleich nicht mit ihm zurück zum Bahnhof fahren…

Wie von unserem Couchsurfer instruiert melden wir uns bei der Concierge und fragen nach ihm. Die Dame schaut uns verwirrt an. Wir passen aber auch optisch absolut nicht in dieses geschäftliche Ambiente. Ich hab meine Schlabberhose an, einen total verwuschelten Zopf, Christian trägt seine dreckige Hose hochgekrempelt und den ausgeleierten Fleece Pulli. Doch als wir der Dame unser Anliegen nahegebracht haben und ihr Juner’s (so heißt unser Couchsurfer) Nummer unter die Nase gehalten haben, greift sie doch tatsächlich zum Hörer und ruft ihn für uns an. Wir sollen warten, erklärt er uns und so setzen wir uns auf die bequemen Ledersessel der Lobby. Alle schauen uns ein wenig irritiert an. Was wollen die zwei Vagabunden mit den Reiserucksäcken hier in der Lobby? Doch dann taucht endlich Juner auf und begrüßt uns freundlich. Wir haben uns anscheinend verlaufen, seine Wohnung ist ein paar Häuser zurück, direkt an der Metro Station. Das Gebäude ist mindestens genauso hoch und ebenso piekfein wie das Finanzzentrum, in dem wir eben gestrandet sind. Mit einem der sechs Aufzüge fahren wir in den 16. der insgesamt knapp 70 Stockwerke (Siebzig Stockwerke! Und damit eins der 10 höchsten Wohnhäuser der Welt!). Zu beide Seiten erstreckt sich ein kurzer Flur, von dem zu beiden Seiten vielleicht drei Appartements abgehen. Wir wohnen in der Nummer 01. Juner hält seine Schlüsselkarte vor die Tür, ein kurzes mechanisches Summen ertönt, dann können wir eintreten. Das Appartement ist umwerfend. Alles ist ganz neu, modern, trotzdem gemütlich, die Aussicht auf Marina Bay und die Wolkenkratzer atemberaubend. Wir können’s kaum glauben was wir mal wieder für ein Riesenglück haben! Da haben wir über 20 Anfragen bei Couchsurfing geschrieben, wurden bisher nur von einem akzeptiert (und leider auch nur für die ersten zwei Nächte) und ausgerechnet der wohnt in der absoluten Luxusbude! Wir bekommen das kleine Gästezimmer zugewiesen und dürfen das Bad im Flur benutzen (das leider ziemlich ungeputzt ist…). Juner wohnt im “Master Bedroom” mit mehr Platz und eigenem Badezimmer. Außerdem gibt es noch ein weiteres großes Zimmer ohne Badezimmer, das allerdings zur Zeit leer steht. Im Eingangsbereich befindet sich das kleine aber feine Wohnzimmer mit Couch, Fernseher, Esstisch und einer riesigen Aussicht. Gegenüber der Fensterfront befindet sich die kleine offene Küche mit Miele Herd und Ofer, großem Kühlschrank und so weiter und so fort. Die Dusche ist der Hammer! Nachdem wir heute so geschwitzt haben wie schon lange nicht mehr, tut der Wasserfall, der sich aus dem großzügigen Duschkopf (alle Armaturen natürlich von Grohe) über einen ergießt, doppelt gut. Nach der Dusche nimmt uns Juner mit zum Food Court der Gegend. Ein wenig fehl am Platz wirkt das alte Marktgebäude im viktorianischen Stil, das zwischen all den spiegelnden Hochhäusern als günstige Essensgelegenheit dient. Ein Gericht gibt es hier ab etwa 5 S$ (also 3 €), dazu gibt es Live Musik (!!) und eine saubere Umgebung. Juner ist kein gebürtiger Singapurer. Er kommt ursprünglich von den Philippinen, hat aber auch schon in Amsterdam, drei Jahre in Afghanistan und in Nepal gelebt und gearbeitet. Er ist Projektmanager und hat schon für verschiedene NGOs, die UN und die EU Projekte organisiert. Wir vermuten mal, dass er von seinem Einkommen die Miete für sein exklusives Appartement (7.000 S$ also 4.200 € im Monat!) nicht komplett stemmen kann und daher wohl auf großzügige Unterstützung durch sein Elternhaus angewiesen ist.

Nach dem Abendessen nimmt uns Juner mit in den 44. Stock, wo es eine Skylobby gibt und wir können den modernsten Teil der Stadt aus der Vogelperspektive bestaunen.

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Marina Bay.

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Danach fragt er ob wir vielleicht Lust hätten zum Pool zu gehen. Wir sind zwar schon ziemlich müde aber einen Pool in dieser Umgebung wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen! Wir packen unsere Badesachen ein und fahren auf den 8. Stock “hinunter”. Dort finden wir eine großzügige Poolanlage unter freiem Himmel, anscheinend auf dem Dach eines Nebengebäudes und natürlich mit Blick auf Marina Bay und die umliegenden Hochhäuser. Es gibt ein großes Becken zum Bahnen schwimmen, drum herum Liegen und Sonnenschirme, ein Sportbecken mit allen möglichen Wasserfitnessgeräten und einen 36 Grad heißen Whirlpool. Und: Es gibt eine Tischtennisplatte! Nachdem ich in der Umkleide/Dusche/Toilette in meinen Bikini geschlüpft bin, versinke ich gleich bis zum Hals im sprudelnden Wasser des Whirlpools. Christian und Juner widmen sich hingegen einem Ping-Pong Wettkampf! Mit mir im Pool sitzen zwei schnatternde Mädels, die mit der einen Hand ihre Weißweingläser und mit der anderen eine Zigarette umklammern und mit ziemlich deutschem Akzent mit den buhlenden Expats flirten. Ich finde das Gelaber zwar ziemlich hohl und ein bisschen peinlich, ringe mich aber trotzdem zu einem Lächeln und einer Vorstellung durch. Sogleich werde ich von den beiden als ihre Freundin vorgestellt und von den peinlichen Typen vollgelabert. Mir scheint, die Expats in Singapur sind ein feierndes, Geld aus dem Fenster werfendes, ziemlich oberflächliches und karrieregeiles Pack und ich denke wieder: Hier möchte ich nicht wohnen…

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Christian und Juner beim spannenden Duell.

Entspannt vom blubbernden Wasser können wir später, es ist bereits weit nach Mitternacht, im großen bequemen Doppelbett gut schlafen. Allerdings nur bis uns Juner um neun Uhr mit seinen laut aufgedrehten Discobeats aus den Federn schmeißt (“I got a hangover, ooohhhooo!”). Wir gehen im Food Court essen (obwohl uns Juner sein Müsli anbietet, aber wir haben gestern gesehen, dass so eine Packung mal eben 6 S$ kostet und außerdem hat er sich über schmarotzende Couchsurfer beschwert), dann starten wir unsere Marina Bay Erkundungstour.

Samstags finden im Hafenbecken des Marina Bay immer Bootrennen statt, die sogenannten Dragon Boat Races, in denen lokale und internationale Teams gegeneinander um die Wette paddeln. Vorbei an den Boxen der Sportler erreichen wir die vielleicht neueste und luxuriöseste Shoppingmall Singapurs.

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Venedig-Feeling in Singapur.

Da Marina Bay erst in den letzten Jahren durch ein Landgewinnungsprojekt entstanden ist und erst kürzlich fertiggestellt wurde, ist im Innern der Mall alles vom Feinsten und teilweise auch noch inkomplett. Da gibt es zum Beispiel einen kleinen Fluss im untersten Stockwerk, über den man mit einer Gondel gefahren werden kann, oder ein riesiges Casino, das gleich zwei Stockwerke einnimmt. Wir schütteln die Köpfe und fahren mit der Rolltreppe rüber zum Luxushotel “Marina Sands”. Das Hotel besteht aus drei gebogenen Hochhäusern, auf deren oberster Etage ein langgezogenes “Schiff” liegt. Von unten zu erkennen, wachsen “auf Deck” Palmen. Außerdem soll es ein riesiges Schwimmbecken, eine Bar und sonst noch allen möglichen Schnickschnack geben. In der Eingangshalle des Hotels wimmelt es hauptsächlich von Besuchern, nicht Gästen und wir mischen uns leicht darunter. Auf einer kleinen Tribüne spielen vier westliche Mädels Streichinstrumente und liefern damit klassische Musik live. Keiner hört zu.

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In der Lobby des Marina Sands Hotel.

Wir finden heraus, dass der Besuch auf dem “Schiff” ganz oben 20 S$ kostet. Die Aussicht ist wahrscheinlich mit der von unserem Appartement zu vergleichen (wenn auch ein wenig besser, da man dort ja ganz oben ist). Trotzdem sparen wir uns das Geld und machen mit unserer Runde um die Marina Bay weiter.

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Zurück in der Mall finden wir noch das: Eine offene Schlittschuhbahn.

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Die Helix Brücke.

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Skyline Marina Bay (in dem spitzen Ding in der Mitte links wohnen wir!).

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Esplanade, die Konzert- und Theaterhallen, die wegen ihres stacheligen Aussehens auch “Durian” genannt werden.

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Der Meridon, Wahrzeichen und Namensgeber (Singa = Löwe, Pura = Ort) der Stadt.

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Das Bankenviertel.

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Zum Mittagessen geht es wieder in den Food Court (in diesem “Mango Sunrise” sind übrigens noch Kidney Bohnen, Mais und grüner Wackelpudding versteckt).

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Financial District.

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Food Court im Hochhaus Dschungel.

Vom Financial District geht es nahtlos weiter nach China Town.

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Auf dem Weg nach China Town.

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Die alten Häuser sind hier natürlich alle aufwändig renoviert.

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In der Backstube gibt es “die letzte Curry Wurst vorm Äquator”, gebraten von einem Österreicher.

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Souvenirs in Chinatown.

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Mitten in Chinatown ein Hindutempel.

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Eine Moschee gibt es gleich nebenan. Singapur ist allerdings allenfalls buddhistisch wenn nicht gar atheistisch.

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Hindutempel vor verbundenen Hochhäusern.

Von China Town aus laufen wir in den Colonial Core, das Kolonialviertel, in dem sich die Architektur der britischen Stadtentwickler finden lässt. Wir suchen lange bis wir einen Supermarkt in einem weiteren großen Kaufhaus finden, von denen es in Singapur an fast jeder Ecke eins gibt. Natürlich sind die Preise saftig. Dafür gibt es aber Nürnberger Bratwurst und wir entscheiden uns heute Abend für Juner Bratwürstchen mit Kartoffelpüree und Möhrengemüse zu machen. Richtig deutsch eben!

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Mmmh, das riecht wie mittags um 12 in der deutschen Wohngegend.

Mit schmerzenden Füßen kehren wir zu Juner´s Appartement zurück und begeben uns ziemlich bald wieder an den Herd. Da Juner, wie er sagt, kein Gemüse mag (die leckeren süßen Möhren dürfen also wir allein essen), schmeißt er noch ein paar Garnelen in den Topf und danach in die Pfanne. Das passt zwar überhaupt nicht zum deutschen Standardmenü, aber egal.

Nach dem Essen  geht es wieder “runter” zum Pool. Herrlich! Statt der zwei schnatternden Hühner habe ich heute Gesellschaft von einem älteren Singapurer, der bereits in der vierten Generation hier lebt (also so ziemlich von Anfang an), in Singapur geboren und aufgewachsen ist. Seine Vorfahren kommen natürlich aus China, so wie die der meisten Singapurer. Er gibt mir massig Tipps was wir uns noch alles ansehen sollen und erzählt fasziniert von einer Europareise (z.B. war er in der Schweiz auf einem Gletscher und hatte natürlich weder Handschuhe noch Schal dabei und erinnert sich noch lebhaft an seine steifgefrorenen Finger). Die Jungs geben sich wieder dem Ping-Pong Spiel hin.

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Der nächste Morgen ist sonnig und damit heiß! Näher als hier werden wir dem Äquator nicht mehr kommen (130 km entfernt).

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Wohnzimmer und Küche.

Am nächsten Morgen müssen wir um 9 Uhr das Zimmer räumen. Warum ist uns nicht ganz klar. Angeblich will Juner das andere große Schlafzimmer für ein paar Nächte an einen Geschäftsmann vermieten. Zum Glück haben wir gestern noch eine Zusage bekommen und können die letzten zwei Nächte bei Manish, einem Inder aus Pune, verbringen. Wir haben mit Manish verabredet ihn um 11 Uhr am Asian Civilizations Museum bei uns um die Ecke zu treffen.

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Zum Glück spenden die Hochhäuser Schatten.

Nach dem Frühstück laufen wir in der glühenden Mittagshitze rüber zum Museum und warten dann dort eine halbe Stunde, erst im schwülen Schatten, dann im gut gekühlten Museumsfoyer. Wir fragen die Dame an der Kasse, ob wir einen Anruf tätigen dürften. Wieder werden wir irritiert beäugt, doch nachdem wir unsere Geschichte erzählt haben, wählt sie hilfsbereit seine Nummer. Leider ist nur die Mailbox dran und wir können ihm nur eine Nachricht hinterlassen. Wieder warten wir fast eine halbe Stunde, dann bittet uns die hilfsbereite Dame am Tresen es erneut zu versuchen. Diesmal erreichen wir ihn. Er sei unterwegs, brauche aber wohl noch eine Stunde bis er beim Museum sei. So lange wollen wir, nachdem wir bereits eine Stunde auf ihn gewartet haben, nicht warten und verabreden uns für den Abend zwischen sechs und sieben an seiner Wohnung.

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Heute ist eindeutig das bessere Fotowetter.

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Luxusmall, dahinter Luxushotel “Marina Sands” mit “Boot” aufm Dach.

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Das Bankenviertel.

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Wieder Sonntag, wieder eine Kirche und eine rappelvolle Messe.

Wieder erkunden wir zu Fuß die Innenstadt, die von Marina Bay aus gut zu erreichen ist. Im deutschsprachigen Singapurführer, den Juner uns geliehen hat, erfahren wir, dass Singapur bis ins 19. Jahrhundert einem ziemlich armseligen Sumpfloch ähnelte. Erst durch die gewissenhafte Planung durch Sir Thomas Stamford Raffles, der u.a. die Prostitution verbot und natürlich durch die wachsende Bedeutung Singapurs als Handelshafen gewann die Stadt an Reichtum und wurde zur Vorzeigestadt Asiens.

Wir schlendern durch den Colonial Core als plötzlich dicke dunkle Wolken aufziehen und wir vom Platzregen überrascht werden. Wir warten unter einem Unterstand bis der Regen ein wenig abgeklungen ist, dann laufen wir zur Metro und fahren zur Orchard Road, der Shoppingmeile Singapurs. Hier stehen sich die Shoppingmalls zu beiden Seiten der Straße gegenüber.

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Da es auch hier bald anfängt zu regnen schauen wir uns nach einem Kinofilm um. Das Ticket kostet 12 S$.

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Erster Sexshop seit Bangkok.

Statt ins Kino zu gehen erkunden wir lieber noch ein wenig die Gegend und stoßen auf die Emerald Hill Road, auf der denkmalgeschützte chinesische Häuser stehen, die ehemals wohlhabenden Händlern gehört haben.

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Renovierte chinesische Shop-Houses.

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Als ruhige Querstraße zur Orchard Road heute eine ziemlich teure Wohngegend.

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Am Nachmittag statten wir Juner einen letzten Besuch ab, dessen australischer Untermieter bereits eingetroffen ist. Er wohne und arbeite in Singapur, sagt er. Warum er dann ein Zimmer in Juners Appartement mietet wird uns erst klar, als eine zierliche in ein Handtuch gewickelte Asiatin aus dem Bad gesprungen kommt. Alles klar. Juner fährt mit uns runter und sagt er habe vor der lustvollen Geräuschkulisse fliehen wollen. Wir verabschieden und bedanken uns, dann steigen wir in die Metro auf dem Weg zu unserem nächsten Couchsurfer.

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In Marina Bay werden die Bürgersteige tatsächlich nass gereinigt.

Leider wohnt dieser nicht ganz so zentral. Genauer gesagt wohnt er so ziemlich am nordöstlichen Zipfel Singapurs. Wir sind eine gute halbe Stunde unterwegs bis wir seine Haltestelle erreichen. Dann sollen wir in den Bus steigen, so die Instruktion, und drei Stationen fahren. Wir werfen dem Busfahrer Geld in den Automaten, bekommen allerdings kein Wechselgeld. Der Busfahrer winkt uns auf unsere Nachfrage hin genervt weiter. An der dritten Station steigen wir aus. Ich gehe zum Fahrer nach vorne und sage ihm meine Meinung zu dem “Kein-Wechselgeld-Prinzip”, das hier praktiziert wird. Immerhin hätte er uns vorher darauf hinweisen können!

Der Bus fährt davon und lässt mich wütend am Straßenrand stehen. Sofort nimmt sich eine kräftige Frau mittleren Alters unserer an. Wo wir denn hin wollten. Ja, wir sind eine Station zu weit gefahren, das Gefühl hatte ich irgendwie auch, denn hier sieht nichts so aus wie in der Wegbeschreibung beschrieben. Wütend stampfen wir über die Fußgängerbrücke auf die andere Straßenseite und laufen das Stück bis zur letzten Haltestelle zurück. Dort stehen wir vor dem Tor des “Melville Parks”, einem Wohnhauskomplex, weitaus weniger exklusiv als unsere letzte Bleibe, in dem unser Couchsurfer wohnt. Wir erklären dem gelangweilten Torwächter kurz was wir hier wollen, dann öffnet er für uns das Tor. Mit ein paar Mal fragen finden wir irgendwann dann auch Block 16 und darin den Aufzug in den dritten Stock, leider jedoch an der falschen Stelle, denn jeder der sechs oder acht Aufzüge führt immer nur zu vier Wohnungen. Endlich finden wir den richtigen Aufzug und stehen kurz darauf vor der Wohnungstür. Wir klingeln, nichts tut sich, wir klopfen, warten, nix. Wir fahren wieder runter und fragen Passanten, ob wir ihr Handy benutzen dürfen. Glücklicherweise wohnen hier hauptsächlich Inder (die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe Singapurs), die uns alle gerne weiterhelfen. Manish erreichen wir allerdings nicht. Was bleibt uns anderes übrig als uns vor seiner Wohnung auf den Boden zu kauern und zu warten?

Wieder oben vor der Wohnungstür angekommen, öffnet sich sogleich die Tür der Wohnung gegenüber. Ein grimmiger alter Chinese beäugt uns skeptisch. Er will wissen wer wir sind, wo wir her kommen, was wir hier wollen, woher wir seinen Nachbarn kennen (den er selber nicht kennt, wie er sagt). Als er erfährt, dass wir kostenlos und ohne Manish je im Leben getroffen zu haben bei ihm wohnen, wird er noch skeptischer und macht schnell die Tür wieder zu. Da sitzen wir nun. Wieder heimatlos und ohne zu wissen ob und wann Manish wieder kommt. Um halb acht klopft Christian bei dem Chinesen und fragt, ob wir vielleicht sein Telefon benutzen dürften, woraufhin der Alte antwortet, er habe kein Telefon und die Tür schnell wieder schließt. Wir seufzen und überlegen schon was wir jetzt machen sollen. Taschen vor der Tür stehen lassen und uns was zu Essen besorgen (so langsam bekommen wir nämlich Hunger)? Taschen mitnehmen und uns was zu Essen besorgen? Weiter warten? Da kommt Manish endlich um die Ecke, ein kleiner freundlicher Nordinder in Sportklamotten. Er entschuldig sich, dass er uns hat warten lassen (zum zweiten Mal an diesem Tag übrigens) und wir erzählen ihm von seinem paranoiden Nachbarn, dem er sich mal vorstellen sollte.

Ja, wir sind froh und dankbar, dass Manish uns aufnimmt und wir so den unbezahlbar teuren Hotels entkommen. Aber als wir unser Zimmer sehen müssen wir erst mal schlucken. An einer Wand steht ein einsames Bett, 90 cm breit, mit einer ollen Matratze ohne Laken, Kissen oder sonst was. Wie sollen wir hier zu zweit schlafen?

Wir quatschen ein bisschen über Indien, duschen schnell, dann verlassen wir alle drei wieder die Wohnung. Manish ist zu einem Abendessen eingeladen, wir wollen nach Little India fahren, wohin wir jetzt wieder eine halbe Stunde unterwegs sind. Natürlich ist das Little India in Singapur meilenweit entfernt vom echten Indien. Aber wieder gibt es einzelne Elemente, die stimmen: Viele Menschen, 99 % Männer, die mich mit Stielaugen betrachten, schrille Musik, Räucherstäbchen, Thalirestaurants.

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Endlich mal was los: In Little India.

Auf Mashid’s Empfehlung hin besuchen wir ein indisches Restaurant, in dem es gutes Thali geben soll. Und so ist es dann auch. Ich haue mir den Bauch voll mit Reis und absolut authentischen Soßen, Christian verspeist Chapati.

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Oh ja! Ein Thali wie es sich gehört.

Nach dem Essen wollen wir nur noch ins Bett, doch die Heimreise dauert ewig und wir sehnen uns nach dem luxuriösen und leicht erreichbaren Appartement in Marina Bay. Wie gern wäre ich jetzt im Whirlpool… Und Christian an der Tischtennisplatte!

Gegen Mitternacht liegen wir endlich im Bett, wir haben die Matratze auf den Boden gelegt und breiten uns über ihren Rand hinweg aus. Aufgrund der extremen Müdigkeit schlafen wir sofort und wunderbar.

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Unsere zweite Heimat in Singapur: Mellville Park, Block 16.

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SO bringt man Leuten die Ein- und Aussteigeregeln bei!

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Singapur Metro. Klimagekühlt und absolut ordentlich.

An unserem letzten Tag im Stadtstaat Singapur wollen wir ein wenig ins Grüne. Immerhin gibt es auf der Insel nicht nur einen Zoo und einen ganzen Nationalpark mit Trekkingwegen und so weiter, sondern auch einen zentralen Botanischen Garten. Der ist umsonst und sehr schön angelegt. Wir verbringen den kompletten Mittag und Nachmittag dort und können ein bisschen entspannen.

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Na ich weiß nicht, ob das “Schwingen an Lianen” hier erlaubt ist.

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Als nächstes machen sie eine “smoke-free city” draus.

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Herbst gibt’s hier nicht. Die Bäume sind immer gelb.

Auf dem Weg zurück zur Orchard Road fällt uns allerdings auf, dass wir Mashid’s Singapur Reiseführer nicht mehr bei uns haben. Wir springen bei der nächsten Gelegenheit wieder aus dem Bus (für den wir wieder zu viel zahlen mussten) und hechten zurück in den Park. Ich bin mir sicher, dass ich den Führer das letzte Mal auf einer Bank neben einem Café in der Hand hatte. Doch auf der Bank liegt er nicht und im Café wurde er auch nicht abgegeben. Anscheinend hat ihn jemand mitgehen lassen. Das erste Mal, dass uns etwas geklaut wird. Wir sind ziemlich frustriert, weil wir jetzt unser Nachmittagsprogramm (gemütlich Kaffee trinken und dabei Karten schreiben) vergessen können und außerdem den teuren Reiseführer ersetzen müssen…

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Kurzer Zwischenstopp in der Orchard Road.

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Das älteste Kaufhaus Singapurs.

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“Singapore is a Fine city!”

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Wieder in Little India.

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Wir finden trotz Kartenverlust den Treffpunkt, den wir mit Mashid vereinbart haben (er kommt natürlich eine halbe Stunde zu spät – Inder eben) und wir gehen gemeinsam wieder bei seinem Lieblingsinder essen.

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Als wir anschließend noch etwas trinken gehen wollen, verlassen wir nach einem Blick auf die Getränkekarte fluchtartig wieder die Bar. Ein kleines Bier kostet hier 10 S$ (sechs Euro!). Wir versuchen es mit dem kleinen Supermarkt um die Ecke, doch Mashid lässt sich nicht einladen. Auch das ist typisch indisch. Hatten wir schon ganz vergessen.

Mashid nimmt uns mit zu seinem Arbeitsplatz, den Gebäuden, in denen die Allianz untergebracht ist, und zeigt uns den angeblich größten Brunnen der Welt, den Brunnen des Reichtums, wie er genannt wird. Wir folgen den Vorgaben und laufen drei Mal um die Wassersäule in der Mitte, strecken dabei die rechte Hand ins weiche Wasser uns wünschen uns etwas. Danach begeben wir uns gemeinsam auf den Heimweg.

Mashid, der erst vor ein paar Wochen nach Singapur gekommen ist, zeigt uns auf seinem Laptop Fotos von seiner Frau und seinem kleinen Sohn. Beide will er im Juni nach Singapur holen, sein Sohn soll dann auf eine teure internationale Schule gehen. Um seine Frau macht er sich ein wenig Sorgen, da sie eigentlich keine Lust hat umzuziehen. Aber wie Mashid selber sagt, ist Singapur die beste indische Stadt, in der man leben kann. Wie eigentlich jede indische Ehe wurde auch die von Mashid und seiner Frau durch die Eltern arrangiert. Ihr Vater sei ein Freund seines Onkels und als der Vater der Braut auf der Suche nach einem Ehemann für seine Tochter war, habe der Onkel Mashid ins Spiel gebracht. Die zwei haben sich eine Weile getroffen und ein halbes Jahr später traditionell mit viel Tam Tam, Blumen und Glitzer geheiratet. Doch Mashid ist auch sehr offen und amüsiert sich über unsere Erzählungen über seine neugierigen Landsleute, denen wir vorschwindeln mussten, wir seien ebenfalls verheiratet.

Dann müssen wir uns schon wieder verabschieden und bedanken uns bei Mashid, der trotz seiner Unzuverlässigkeit doch ein sehr netter Kerl und guter Gesprächspartner war.

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Frühstück im Food Court.

Am nächsten Morgen ist er bereits unterwegs als wir uns von der kleinen Matratze auf dem Boden erheben. Wir packen unsere Rucksäcke und fahren mit dem Bus zur Metrostation. Dort essen wir im obligatorischen Food Court ein leckeres und günstiges Frühstück. Der Flughafen, über den es für uns weitergeht, ist von hier ganz leicht zu erreichen. Wir müssen nur drei Stationen fahren, dann sind wir schon da. Wir haben uns entschieden nach Jakarta zu fliegen, da eine Reise über Land zwei bis drei Tage dauern würde und deutlich teurer wäre als der 1:40 Flug. Damit ist unsere Südostasienreise leider ein wenig unterbrochen. Aber immerhin gewinnen wir so zwei Tage Strand auf Bali!

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