Golden erinnert ein wenig an eine Wüstenstadt. Hier hat es offensichtlich nicht geregnet, denn es ist staubtrocken und warm. Ein wenig irritieren hier allerdings die Plakate, die mit Abfahrtski werben. Allerdings kann es im Winter hier auch ganz schön kalt und verschneit werden. In Golden biegen wir wieder in die Berge ab, die allerdings deutlich moderater ausfallen als die Gletscherbedeckten Gipfel der Rockys. Hier übernachten wir auf einem gemütlichen Campingplatz mit Selbstregistrierung an einem schönen ruhigen See. Die Temperaturen sind wieder moderat, was uns allen gut tut. Junas Nase läuft momentan auch ziemlich, mir geht es aber langsam besser und Emilian erholt sich auch weiter. Wir befinden uns jetzt in British Columbia, wodurch wir wieder eine Stunde früher haben. Nachdem wir noch ein wenig am See gespielt haben, ziehen wir uns in unseren Camper zurück. Am nächsten Morgen geht es weiter in den Glacier National Park. Von Golden aus ist das nicht mehr weit, aber da es sich um einen sehr schönen Campingplatz handeln soll und die Plätze nach dem First-Come-First-Serve-Prinzip vergeben werden, wollen wir früh da sein. Zum Glück sind wir rechtzeitig da und finden auch gleich einen wunderschönen Platz für unseren Camper. Direkt hinter unserem Stellplatz plätschert ein kleines Bächlein und auf der anderen Seite rauscht ein breiterer Bergbach ins Tal.
 Wir registrieren uns beim Büro und reservieren gleich für zwei Nächte. Nach dem Mittag wollen wir gleich eine kleine Wanderung machen, von denen hier einige möglich sind. Auf dem Weg zum Ausgangspunkt werden wir von einer deutschen Familie angesprochen. Angeblich bestehe erhöhte Warnstufe vor Bären, so dass nur Wandergruppen von mindestens 4 Erwachsenen erlaubt seien. Wir schließen uns ihnen gerne an, da sie mit ihrem 10-jährigen Sohn Felix die gleiche Route wandern wollen wie wir. Mit von der Partie sind außerdem noch zwei junge Frauen, von denen ich im Laufe unserer Tour erfahre, dass die eine Kanadierin aus Montreal ist und die andere aus Barcelona stammt, allerdings auf La Palma geboren wurde. Die beiden haben sich während ihres Erasmusaufenthalts auf Island kennengelernt und die Spanierin ist gerade zu Besuch. Es wir ein netter Ausflug durch eine wunderschöne Landschaft. Wir erfahren von den Deutschen Tanja und Nils, dass sie aus Hamburg kommen und einen Teil der Route, der noch vor uns liegt, bereits hinter sich haben. 

 

Bären bekommen wir (zum Glück!) nicht zu Gesicht, dafür aber ein Stachelschwein, oder wie Tanja uns aufklärt: einen Baumstachler. Wie sein Name vermuten lässt, sitzt er ziemlich hoch oben in den Bäumen und versucht sich vor den neugierig fotografierenden Wanderer zu verstecken.

Wieder zurück am Campingplatz, verabreden wir uns mit Tanja und Nils noch für den kommenden Tag. Dann wollen wir erneut mit ihnen wandern.

Das machen wir dann auch, diesmal eine etwas längere und auch anspruchsvollere Tour. Ohne die ganzen Kinder auf Bauch und Rücken wäre die Tour auch nur halb so anstrenged, aber mit den ganzen Extrakilos Marschgepäck kommen wir doch beide ziemlich ins Schwitzen.

Die Aussicht am Ende der Wanderung auf Wasserfälle und Gletscher, belohnt dann aber unsere Mühen um so mehr.

Wieder begegnen wir keinem Bären, obwohl im Camp der Eindruck entsteht, der nächste Bäre warte bereits hinter der nächsten Ecke. Offensichtlich hat es in den letzten Tagen viele Bärensichtungen gegeben. Einige davon direkt im Camp und teilweise aus sehr geringer Entfernung (das wenigste waren 5m!). Auf so eine Begegnung sind wir natürlich nicht aus und so befolgen wir gerne die Bärenvermeidungsregeln und unterhalten uns möglichst viel und möglichst laut. Das klappt mir Tanja, Nils und Felix auch wirklich gut. Juna fasst auch schnell Vertrauen und geht bei Tanja und später auch an Felix Hand sogar einen Teil des Rückwegs selbst. Das ist auch nötig, denn Christian ist leider mit ihr auf dem Rücken umgeknickt und braucht ein wenig Schonung. Die Natur gefällt uns hier wieder besonders gut. Der Wald erinnert an einen Märchenwald mit den moosbewachsenen Felsen, plätschernden Bächlein, dichten Farnen und alten Bäumen. Der Gletscher ist deutlich spürbar. Die Luft ist frisch und kühl. Nachts kühlt es deutlich ab. Aber mittlerweile haben wir unseren Schlafplatz so eingerichtet, dass keiner mehr frieren muss. Trotzdem hat Juna jetzt einen ordentlichen Schnupfen und auch Emilians Erkältung ist noch nicht ausgestanden. 

Unser Stellplatz und unser Camper 

Am nächsten Tag lassen wir den Gletscher entgültig hinter uns und kurven uns hinab zu den Seen um Salomon Arm. Hier übernachten wir eine Nacht am Shuswap Lake in Sunnybrae. Wir erreichen den Campingplatz am Nachmittag und genießen den Luxus einer Reservierung. Einfach vorfahren und einchecken, kein Bibbern um einen Stellplatz. Die Schönheit der Natur kommt hier zwar bei Weitem nicht an die des Glacier National Parks heran, trotzdem gefällt es uns hier denn es gibt einen schönen See zum baden, heiße kostenlose Duschen und es ist endlich wieder sommerlich warm. 

 


Am See von Sunnybrae

Abends sehen wir die ersten Lagerfeuer auf unserer Reise. Obwohl Kanada angeblich bekannt ist für seine Lagerfeuermentalität, haben wir wegen des strikten Feuerverbots noch keine Lagerfeuer zu Gesicht bekommen. Hier sind die Auflagen scheinbar nicht so streng und Kohle- oder Gasfeuer sind erlaubt, da sie weniger Funkenflug verursachen. 


Den Sanistopp hätten wir uns doch glatt sparen können…

Unser nächstes Ziel ist der Wells Gray Nationalpark. Hier haben wir wieder keine Reservierung, daher fahren wir am nächsten Tag wieder so nah an den Park wie möglich um einen Tag später möglichst früh einen der begehrten Plätze zu ergattern. 


Auf dem Weg nach Clearwater

So landen wir in Clearwater, dem Eingang zum Wells Gray Nationalpark, das erste Mal auf unserer bisherigen Reise auf einem sogenannten RV Park. Im Vergleich zu unseren sonstigen Stellplätzen in Provicial Parks, ist es doch ausgesprochen hässlich hier. Kahle Stellpätze auf Schotter, ein oller Spielplatz und ein halb vertrockneter Teich in dessen Mitte ein Springbrunnen das grüne Wasser umwälzt. Aber: es gibt einen kleinen Swimmingpool und eine Waschmaschine samt Trockner. Wäsche auf der Leine zu trocknen ist nämlich (warum auch immer) verboten. Das Angebot nutzen wir natürlich und waschen das erste Mal. Wir stehen auch das erste Mal mit „Fully Hook-up“, was bedeutet, dass wir Strom haben und Frisch- und Abwasser ebenfalls direkt beziehen bzw. abführen. Den Sani-Stop am Morgen hätten wir uns also sparen können. Außerdem gibt es W-Lan und ich mache mich ran, ein bisschen zu schreiben und zu veröffentlichen. Allerdings ist die Verbindung so schlecht, dass ich bald ziemlich entnervt aufgebe. Nein, es ist schon schöner irgendwo in der Wildnis zu stehen und um sich das Raschen eines Flußes, des Windes in den Tannen oder das Zirpen der Grillen zu hören. Daher freuen wir uns besonders auf das was uns am nächsten Tag erwartet. 

So schnell es eben geht (also gegen 10:30) verlassen wir am nächsten Morgen unsere Campsite und begeben uns auf das letzte Stück Straße, bevor diese am Wells Gray Nationalpark endet. Die ersten 40 km sind Asphaltstraße, dann kommen 20 km Gravel Road, also Schotterpiste. Diese sind aber gut platt gewalzt, so dass wir sie mit unserem Truck ohne Probleme mit bis zu 60kmh fahren können.

Unser Stellplatz im Wells Gray Provincial Park

Am Park angekommen, finden wir glücklicherweise auch noch einen schönen Platz. Hier ist es wieder so, wie es uns gefällt: Mitten im Grünen und direkt am rauschenden Fluss. Wir registrieren uns gleich für zwei Nächte und wollen dann aufbrechen zu einer Wanderung am schönen See.


Am See

Leider kommen wir nicht weit. Mit rotem Band wurde der Zugang zur Wanderroute abgesperrt: Wegen erhöhter Waldbrandgefahr gesperrt. Wir sind enttäuscht und erkundigen uns beim örtlichen Café, wo wir stattdessen wandern können. Zu unserer Enttäuschung erfahren wir, dass so gut wie alle Wege wegen Waldbrandgefahr gesperrt sind. Da haben wir uns gerade zwei Nächte eingecheckt (und natürlich schon bezahlt), da ist alles gesperrt, was wir eigentlich machen wollten. Wir spazieren den einzigen Weg, den man vor Ort laufen kann und machen dann ein kleines Picknick am See um uns zu sortieren.


Die Kanadierin

Wir beschließen, am nächsten Tag weiter zu fahren. Immerhin sind wir schon einen Tag hinter unserer Zeitplanung. Außerdem sehen wir, dass das Wetter am nächsten Tag nicht besonders gut werden soll. Wir wollen also Kilometer machen und uns weiter Richtung Westen vorarbeiten. 

Am Abend machen wir noch einen kleinen Spaziergang über den Campingplatz und lernen dabei Katja und Steffen kennen, die mit ihrer 14-monatigen Tochter Valeria ebenfalls in Elternzeit unterwegs sind.

Abendessen mit der Campingbekanntschaft

Am nächsten Morgen ist das Wetter wie angekündigt: es regnet Bindfäden. Da tut der Abschied auch nicht so weh. Wir verlassen Wells Gray etwas enttäuscht aber mit Vorfreude auf das was uns bevorsteht. Immerhin sind wir Richtung Vancouver Island unterwegs und auf die Insel freuen wir uns schon ganz besonders. 

Zunächst führt uns unsere Route aber weiter Richtung Westen über die Hochebene, das Interior Plateau und dann weiter Richtung Süden. Wir haben den breiten Highway verlassen und schlängeln uns durch ein gemütliches Tal, das uns stark an einen Westernfilm erinnert. Die Menschen scheinen hier zurückgezogen und recht einfach zu leben. Das Tal wird von einer breiten Wiese durchzogen auf der Pferde grasen und nur selten einfache Holzhäuser zu finden sind. Ab dem Ort 100 Mile House geht es Richtung Süden. Die Orte, die wir hier durchqueren (83 Mile House, 70 Mile House) scheinen Durchfahrten auf einer alten Route zu sein. Der Weg windet sich über sanfte Hügel an Wäldchen und kleineren Seen vorbei. Man kann sich richtig vorstellen, wie hier früher die Cowboys auf ihren Pferden unterwegs waren und die Orte nach ihrer Entferung benannt haben. In Clinton machen wir Rast, hier gibt es in einer Tankstelle endlich wieder einen (ziemlich spartanisch ausgestatteten) Supermarkt. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zum Tagesziel von heute: ein kleiner Campingplatz am See. Doch als wir dort endlich ankommen, ist die Schranke geschlossen: Closed. Wir sind baff und etwas ratlos. Und jetzt? Wir sind schon seit etwa 5 Stunden unterwegs und haben uns gefreut, endlich angekommen zu sein. Doch uns bleibt nichts anderes übrig als weiter zu fahren. Wir fahren entlang des Sees und erreichen die Straße, die auf der Karte mit „Summer Use Only“ vermerkt ist. Und uns wird auch gleich klar warum: Es handelt sich um eine Gravel Road, die ziemlich schotterig, ziemlich steil und ziiiiiemlich eng ist. Christian schaltet vorsichtshalber unseren 4×4 Antrieb an. Einen Unterschied merken wir nicht, aber wir fühlen uns so doch ein bisschen sicherer als wir uns die enge unbefestigte Straße, die durch keinerlei Begrenzung gesichert ist, hinaufwinden. Es geht immer höher und höher hinauf und wir haben einen weiten Blick auf die umliegenden grünen Berge und den See, der in weiter Tiefe unter uns liegt. Bei uns werden natürlich gleich Erinnerungen an unsere Busfahrten durch Nepal wach. Nur, dass uns hier zum Glück keine Busse in halsbrecherischem Kamikazetempo entgegenkommen, die uns mit ihren schrillen Hupmelodien aus dem Weg scheuchen. Trotzdem, ganz geheuer ist uns die Straße auch hier nicht und wir sind froh, als wir den Zenit überschritten haben und uns auf einer Art Plateau befinden. 

Irgendwo im Nirgendwo

Hier ist das Gras gelb vertrocknet und der Blick weit. Langsam kurven wir uns wieder hinab und haben eine wunderschöne Aussicht auf einen tiefen Canyon.

Nach einer weiteren Stunde errerichen wir den nächsten Campingplatz in Lilooet. Und dieser ist tatsächlich kostenlos! Das gleicht unsere Rechnung sozusagen wieder aus, denn wir hatten diese Nacht ja eigentlich in Wells Gray geplant und eben auch schon bezahlt. Wir finden zum Glück auch noch ein süßes Fleckchen, in das wir so gerade reinpassen. Als wir aussteigen trifft uns fast der Schlag. Hier sind es knapp 30 Grad! Die Temperaturunterschiede, die wir hier erleben, sind wirklich extrem, denn heute Morgen sind wir bei unter 10 Grad losgefahren.

Als ich mit Juna die Toiletten aufsuche, lernen wir die 5 1/2-jährige Bree kennen, die mit ihrer Mutter Liz, ihrer 1 1/2-jährigen Schwester Brooklyn und ihren Großeltern seit ein paar Tagen hier campt. Bree und Juna sind trotz sprachlicher Differenzen sofort auf einer Wellenlänge und haben dank ihrer pantomimischen Fähigkeiten auch kaum Verständigungsprobleme. Bree nimmt Juna und mich gleich mit zum nahen Bächlein und weiht Juna in die Kunst des Steichenzertrümmerns ein. Juna ist allerdings schon so k.o., dass sie ständig irgendwie hinfällt oder aus sonst einem Grund weinend in sich zusammen bricht.

Wir sind froh, als endlich alle Kinder im Bett liegen und schlafen. Mit nur einem Mal Stillen in der Nacht wird es für mich die beste Nacht unserer Reise.


Endlich Abendessen

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