Zum Abschied präsentiert sich uns Gdansk nochmal von seiner sonnengold beschienenen Seite. Schön war es hier. In den überfüllten Touristenstraßen, in heruntergekommenen Seitengassen und am Strand von Sopot.
Im Bus von Gdansk nach Olsztynek fahren wir an einer Miniatur der Fleherbrücke vorbei. Die Straßen sind so holperig, dass ich kaum lesen kann was ich gerade schreibe. Wir stellen zwei Grundregeln fest, die für die jungen Polen zu gelten scheinen: Je kürzer desto besser und je größer desto besser. Das kurz bezieht sich bei den jungen Polinnen auf ihre Röcke und Oberteile. Bei den Männern hingegen auf die Länge ihrer Haare. Das groß bestimmt bei den Männern die Ausmaße ihrer Muskelmasse, bei den Frauen bezieht es sich auf die Höhe ihrer Absätze. Mir scheint flache Schuhe seien für Kinder, alte Frauen und den Sport gedacht.

Unsere Fahrt mit dem Bus dauert gute zwei Stunden, dann sind wir in Olsztynek – hoffen wir jedenfalls – und steigen an diesem dunklen menschenleeren Wendeplatz aus. Etwas verloren schauen wir uns um. Hoffentlich ist das hier wirklich Olsztynek, denn eine Anzeige oder Durchsage im Bus gab es nicht. Aber von der Ankunftszeit her sollte es stimmen. Ich habe mir die Nummer von Arek, unserem ersten Gastgeber notiert. Doch bis das Handy hochgefahren ist, dauert es ein paar Minuten und wir sehen schon von weitem zwei Gestalten auf uns zu kommen. Das müssen sie sein!
Wir begrüßen Arek und seinen Kumpel Tommy, zum Glück sprechen beide sehr gut Englisch. Sie geleiten uns zu Areks Wohnung, im Dunkeln erkenne ich nur Plattenbauten und bekomme ein flaues Gefühl.

Es stellt sich heraus, dass Arek sehr nett und gastfreundlich ist. Er stellt uns seiner Familie vor und nimmt uns mit zum Seehaus der Familie. Tommy ist U.S. Amerikaner aus Connecticut und nach seinem Psychologiestudium in den USA zu Besuch in Polen. Die erste Nacht verbringen wir auf einer wunderbar bequemen Schlafcouch, die uns aus Berlin bekannt vorkommt. Der Blick vom Balkon am nächsten Morgen zeigt, dass ich mich in der vorherigen Nacht nicht verguckt hatte. Wir befinden uns tatsächlich in einer Plattenbausiedlung. Nur im Verlgeich zu den mir aus Deutschland bekannten Siedlungen wirkt diese ganz alltäglich, nicht ärmlich, schmutzig und verwarlost. Hier sind die Wege sauber und der Rasen gepflegt. Auch die Häuser sehen freundlicher aus: alle Balkone haben eine andere Farbe und wirken mit ihren Blumen, Sonnenschirmen und der im Wind wehenden Wäsche fröhlich-einfach.

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Zum Frühstück gibt es Rührei, Brot, Käse und Wurst. Wir lernen Areks Schwester Anija und ihren Hund Vera kennen. Mit dem Auto fahren wir zum Seehaus der Eltern, das etwa 10 km entfernt in einer kleinen Siedlung am Hang liegt. Wir werden freundlich empfangen. Leider können Areks Eltern kein Deutsch und kein Englisch und wir weder Polnisch noch Russisch und so funktioniert die Kommunikation nur mit Areks Hilfe.

Ein paar Steinplatten führen den steilen mit Kiefern bewachsenen Hang hinunter auf einen alten Holzssteg, der aufs Wasser führt. Der Ausblick verschlägt uns fasst die Sprache. So friedlich und ruhig liegt der See vor uns.

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Wir nutzen die Gunst des Moments und machen einen Ausflug mit dem Bötchen. Da der See angeblich von Fischen wimmelt nimmt Arek seine Angel mit. Alle müssen mal ran, aber keiner ist erfolgreich – zum Glück…

Zurück auf der Terasse des Hauses bietet sich uns ein ziemlich amüsantes Katze-und-Hund-Spiel: Vera, die Hündin der Familie, ist wegen einer Augenkrankheit leider so gut wie blind auf beiden Augen. Dennoch ist es ihre ausgesprochene Leidenschaft Katzen zu jagen. Man braucht nur das Wort kot (= Katze, gesprochen „kott“) auszusprechen und sie springt schon suchend auf und rennt wie verrückt durch den Garten. So eine kot traut sich dann auch dreisterweise zu uns auf die Terasse und schmust und schnurrt genüsslich durch die Gegend. Vera, blind wie sie ist, kann mit der Schnautze draufgehalten werden und kappiert einfach nicht was sich da vor ihr rumtollt.

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Dann, von einer auf die andere Sekunde erkennt sie die Situation und lässten das Untier in ihr raus: mit lautem Gebell und vollem Körpereinsatz jagt sie die viel schnellere und tausend mal flinkere Katze, die durch den Zaun entkommt.

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Fliehende Katze rechts im Blid, Verfolgerin Vera links.

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Katze im Galopp.

Zum Abendessen gibt es selbstgemachte Lasagne Bolognese aus Deutschland. Der Familie schmeck’s und wir haben nicht mehr so ein schlechtes Gewissen.

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Abendspaziergang

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Später sitzen wir bei knisternd warmem Kaminfeuer zusammen, spielen Karten und essen frisch geangelten und gebratenen Fisch, direkt von den Gräten. Denn Areks Eltern waren weitaus erfolgreicher als wir. Es wird ein richtig gemütlicher Abend. Nachts schlafen wir wie Steine und träumen von Seen, Sonne, Wind, Katzen und Hunden.

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Von rechts: Mutter, Arek, Vera, Tommy

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