Zuerst finden wir in Warschau unser Gleis nicht. Die Gleise hören nämlich bei Nummer 5 auf, wir sollen aber von Gleis Nummer 7 abfahren. Aber so einfach geben wir uns nicht geschlagen. Wir laufen einfach immer weiter, bis wir einen weiteren Gleisaufgang finden und so erreichen wir dann auch Gleis Numer 7. Unser Zug nach Czeremcha fährt pünktlich um kurz nach 12 Uhr mittags ein und wir finden uns zwei Plätze. Im Vierer schräg gegenüber sitzt ein furchtbar hässlicher Hund, der nervös auf seinem Sitz hin und her läuft. Er ist etwa wadenhoch und hat einen überproportional großen Kopf. Seine Zunge wabbelt hechelnd aus seinem grinsenden Maul. Seine schwarzen Knopfaugen haben schon etwas niedliches, aber gleichzeitig stehen sie viel zu weit auseinander, wie bei einem Alien. Der einzige, der seine Freude an dem gedrungenen Tier zu haben scheint ist der faltige Opi, der im gleichen Vierer auf dem Sitz schräg gegenüber sitzt. Er betrachtet lächelnd das neugierige Verhalten des Hundes, die aufgestellten Ohren. Dabei strahlen die faltigen Züge seines Gesichts eine Fröhlichkeit aus, als hätte er lang nicht mehr so ein drolliges Wesen gesehen. Oder freut er sich einfach gern über ungewöhnliche Dinge? Denn woher sollten all die tiefen Furchen um Augen und Mund sonst stammen. Sie müssen sich über Jahrzehnte hinweg aus vielen kleinen und großen Freuden zusammengesammelt haben um so sein Gesicht in ein ewiges Lächeln zu verwandeln.

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Wir fahren also weiter. Weiter Richtung Osten. Immer weiter, bis an die Belarussische Grenze. Die nächsten Nächte wollen wir in einer Jugendherberge im Nationalpark mitten im Wald verbringen. Dort können wir nach den letzten Tagen in Warschau wieder zur Ruhe kommen.

Doch dieser Hund lässt uns nicht los. Er scheint mich zu verfolgen. Ich sehe ihn, höre ihn und dann rieche ich ihn auch. Da überkommt mich der Ekel. Ich will ihn am liebsten aus dem Fenster schmeißen. Dann wäre endlich Ruhe im Zug! Aber anfassen würde ich ihn dafür nicht, das müsste schon sein Frauchen übernehmen…

Der süße Opi mit den Lachfalten erhebt sich um auf Toilette zu gehen. Ich bin erstaunt wie klein er ist! Er trägt einen dunkelblauen Anzug. Dazu ein blau-weiß gestreiftes Hemd mit einer grünen, mit Quadraten gemusterten Krawatte, die das Hemd am Hals zuschließt. Über Hemd und Krawatte trägt er einen beige-braun gemusterten Strickpolunder. Die Krawattenspitze guckt unten über seinem schwarzen Ledergürtel ein Stückchen raus. Zu der opatypischen Kombination gehören noch schwarze Ledersandalen mit breiten Riemen über grauen Baumwollsocken. Als er zurück kommt begrüßt er den hässlichen Hund freudig. Er tätschelt ihm so liebevoll den Kopf und krault ihm mit einem Finger wohlwollend unterm Kinn, als wäre er nur dafür aufgestanden und wiedergekommen und so empfinde ich plötzlich sowas wie passive Zuneigung für dieses abstoßende Wesen.

Bei der nächsten Station muss der alte Mann aussteigen. Ein hellbrauner Kordhut komplettiert sein Outfit. Mit seinem kleinen Trolli, den er versucht verkehrt herum zu ziehen, kämpft er sich durch den Gang bis zur Tür, nicht ohne sich noch einmal herzlich von seinem vierbeinigen Freund zu verabschieden.

Der Zug trägt uns durch grüne Landschaften. Wir durchqueren dichte Birkenwälder. Die Bäume stehen teilweise in großen, algenüberwachsenen Pfützen. Eine Sumpflandschaft! Unterbrochen von buschigen Wiesen und immer weniger werdenden Häusern.

In Czeremcha müssen wir umsteigen. Hier werden wir keine Probleme mit der Gleissuche haben: der alte Bahnhof im Sowjetstil ist überschaubar und jedes der wenigen Gleise ist sofort zu erreichen. Wir lassen uns erschöpft auf einer Bank im Schatten nieder. Auch alle anderen Passagiere, die mit uns zur Endstation gefahren sind, suchen sich ein schattiges Plätzchen. Die Sonne verwandelt die feuchte Luft in eine Dampfsauna.

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Das Bahnhofsgebäude liegt verlassen da. Doch in einem kleinen Tante Emma Lädchen entdecke ich ein bisschen was zu Naschen. Vor dem Laden sitzen müde dreinblickende Männer mit sonnengebräunter Haut und vergilbten Mützen auf dem Kopf und schweigen sich über ihre Bierflaschen hinweg an. Die Frau im Laden ist überrascht, dass ich kein Polnisch kann und hilft mir freundlich bei der Auswahl.

Auf Gleis 2 fährt ein Zug bestehend aus zwei Waggons ein: vorne im Führerhäuschen gibt es Platz für drei, eine große Geschwindigkeitsanzeige, die bis maximal 120 kmh geht und einen großen Schaltknüppel, der aus dem Boden ragt.

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Alle Passagiere steigen wieder ein und befüllen mit ihrem Gepäck den gesamten Zug. Pünktlich um halb vier setzt sich unser neues Gefährt mit einem Stottern und Ruckeln in Bewegung. Der Motor heult auf, der Zugführer schaltet in den zweiten Gang. So geht es immer weiter bis in den 5. und wir werden jedesmal schneller. Der Zug rumpelt und ruckelt, rattert und klappert, springt über die Weichen, bleibt schaukelnd in der Spur. Es fühlt sich an als säßen wir in einem Bus auf einer Straße voller Schlaglöcher, dabei haben wir Gleise unter uns! Sobald wir die volle Geschwindigkeit erreicht haben, wird der Gang rausgenommen und wir gleiten scheinbar schwerelos durch die unberührte Natur. Ein paar Mal halten wir an scheinbar wahllosen Orten an. Kein Schild. Kein Bahnsteig. Nur ein Trampelpfad, der aus der Wald auftaucht, deutet auf einen planmäßigen Stopp hin.

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Der Blick wird von Tannen gefangen genommen, die dunkel um uns herum wachsen. Weicht der Wald, so verliert sich der Blick in der Weite der Wiesen. Kleine Felder und eine Ansammlung weniger Häuser verraten die Anwesenheit von Menschen.
Dann erscheinen plötzlich mehr Häuser, ein Ort bahnt sich an mit einem spitzen Kirchturm. Wir sind in Hajnówka!
Alle steigen aus, verabschieden sich. Die Frauen hatten während der Fahrt über das Getöse des Zuglärms hinweg lautstark miteinander gequatscht und gelacht. Jetzt winken sie sich zu und gehen getrennte Wege. Viele haben ihre Räder am Bahnhof stehen, andere werden schon erwartet. Unser Bus nach Białowieża kommt in einer Stunde. Wir beschließen in den Ort hineinzulaufen und uns ein wenig umzusehen. Uns bietet sich wenig Spektakuläres: ein Kreisverkehr, eine Kirche und eine Hauptstraße. Diese laufen wir entlang und stoßen auf einen Biedronka, das polnische Gegenstück zu ALDI. Wir kaufen ein: Brot, Wasser, Wurst, Fisch aus der Dose, Tomatensoße und Bier. Wieder draußen finden wir eine Bushaltestelle, an der unser Bus ebenfalls hält und warten dort. Ein nett aussehender alter Mann will mit mir ins Gespräch kommen. Ich erkläre ihm, dass ich kein Polnisch spreche und füge „Niemiec“ hinzu. „Ah! Deutsch!“, antwortet er und fragt mich weitere Dinge in Polnisch, die ich ihm leider nicht beantworten kann. Also beschließen wir es dabei zu belassen und uns schulternzuckend anzulächeln.
Sobald wir mit dem Bus Hajnówka verlassen wird es dunkel: wir sind im Wald. Doch dieser Wald ist anders als das was wir auf dem Weg hierhin durchquerten. Es ist eine Art Urwald, voll von umgestürzten Bäumen, Moos und Schlamm. Überall erblicken wir Moorlöcher und riesige schwarze Pfützen. Zum Glück gibt es eine geteerte Straße hindurch, auf der wir immer tiefer in die Wildnis eindringen.
Wir biegen ein paar Mal ab und durchqueren einige süße Siedlungen. Sie bestehen zumeist nur aus wenigen Holzhäusern, die umgeben von üppigen Blumen, prall behangenen Obstbäumen und getrennt durch einfache Lattenzäune direkt an der schmalen Straße liegen. Der freundliche alte Herr verlässt uns in einer dieser Siedlungen.
Die Häuser haben alle unterschiedliche Farben. Bei manchen leuchtet das frischgestrichene Holz noch sonnengelb, mintgrün oder himmelblau. Bei anderen löst sich der Anstrich bereits blättrig und verblichen von seinem Untergrund. Wieder andere Häuser stehen ganz in Holz, ohne Farbe, schwarz gezeichnet von Beize, Wind und Wetter.
Am Himmel türmen sich dunkelblaue Wokenberge. Es sieht nach starkem Regen aus. Abendliche Röte legt sich über das hohe Gras, das die Lichtung der Siedlung überzieht. Es geht weiter durch den Wald. Immer dunkler wird es und immer feuchter. Dann sind wir  da, in der Hauptstadt der Wildnis an der Belarussischen Grenze, Białowieża. Ein recht touristischer Ort mit vielen Hotels im Blockhausstil, ausgeschilderten Rad- und Wanderwegen und Straßenschildern, die vor angeblich wild herumlaufenden Büffeln warnen.

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Nur Attrappe?

Hier haben wir zwei Bettern in einer Jugendherberge reserviert. Der gewissenhafte Herr an der Rezeption kontrolliert unsere Reisepässe und führt uns in ein Vier-Bett-Zimmer. Das Zimmer ist furchtbar klein, stinkt nach kalten Käsemauken und die dünnen Matratzen bieten nur bedingte Polsterung vor dem Eisengestell, das sich unter meinem Gewicht gefährlich nach unten biegt. Doch wir sind froh, endlich angekommen zu sein, da wo wir hinwollten, und auch erleichtert, wieder ein Zimmer für uns allein zu haben.
Nachdem wir die Betten vorschriftsmäßig mit den viel zu kleinen Laken bezogen haben, gehen wir eine Runde spazieren. Doch so viel gibt es nicht zu sehen und bald stoßen wir auf den Rand des Ortes. Wie durch eine unsichtbare Barriere zurückgehalten stürzen sich bei unserem ersten Schritt in einen Feldweg tausend gierige Mücken auf uns. Wir geben uns schnell geschlagen – zu viele für uns!

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Endlich wissen wir woher der Klapperstorch seinen Namenszusatz hat.

In der Jugendherberge sind wir überrascht die jüngsten Gäste zu sein. Unser freundliches „Dzien dobre“ wird nur brummig von einer Gruppe griesgrämig dreinschauender Frauen erwidert. Sie blicken uns missmutig hinterher. Auch als wir uns Nudeln kochen werden wir abwertend beäugt. Wir wissen nicht wie uns geschieht und gehen in die Charm-Offensive. Doch auch penetrantes Ansehen und Lächeln bringt nichts. Die Frauen schlagen schnell ihre bohrenden Blicke nieder wenn unsere Blicke sich kreuzen.

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Endlich ein kühles Pivo: Nastrovje!

Obwohl die Betten eng und wackelig sind, schlafen wir wie Steine. Am nächsten Morgen machen wir uns nach dem Frühstück auf den Weg zum Touristenbüro. Wir erstehen eine teure regionale Wegekarte und gehen los.

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Auf dem Weg zum Wanderweg entdecken wir ein altertümliches Dorf.

Kaum verlassen wir die Hauptstraße und biegen in einen kleinen Waldweg ein, werden wir von einem Schwarm Mücken umgeben. Zum Glück haben wir diesmal an Autan gedacht und sprühen uns damit – trotz langer Kleidung – von Kopf bis Fuß ein.

Am Anfang ist der Weg noch gut begehbar. Ein schmaler Waldweg zwar, der zwischendurch von ein paar Matschpfützen unterbrochen wird. Doch je tiefer wir in den Urwald eindringen, desto größer und sumpfiger werden die Pfützen. Das Summen Millionen von Mücken vereinigt sich in unseren Ohren zu einem allgegenwärtigen vibrierenden Ton.

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Der Kampf gegen die Mücken kann nur in Bewegung bestritten werden!

An einem riesigen Sumpfloch verzweifeln wir beinah: auf im Morast schwimmenden Stöcken und Holzplanken balancieren wir durch den knöcheltiefen Schlamm. Wir halten uns an Bäumen fest und suchen nach Stöcken, um unsere Schritte vorzutesten. Am Ende sind unsere Schuhe eingetunkt in Schlamm und wir dreckig und erleichtert auf der anderen Seite.

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Das Bild lässt die Ausmaße nur erahnen!

Doch leider wird der Boden nun keineswegs wieder fester. Im Gegenteil: über das Moor führt jetzt ein schmaler Holzplankenpfad, der glitschig durch die Feuchtigkeit zu einer gefährlichen Rutschpartie wird. Rechts und links die schwarzen Pfützen des Moors geht es über morsche, gebrochene oder schräg stehende Planken von einem rettenden Baumstumpf zum nächsten. Die Mückenwolke um uns herum wird zur Nebensache.

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Als wir den Pfad wieder verlassen, kommt uns eine Gruppe junger Holländer entgegen. Einige von ihnen tragen Turnschuhe, andere Sandalen. Noch sind sie guter Dinge, lachen und reden laut miteinander. Wir sind jedenfalls erleichtert wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und nicht mehr von einer Wolke Moskitos umgeben zu sein.

Wir wandern, schon ziemlich k.o., zum Reservat, die sicherste und wahrscheinlich auch einzige Möglichkeit hier im „Bison-Gebiet“ auch tatsächlich Bisons zu Gesicht zu bekommen. Doch erst sind wir ziemlich enttäuscht: wir sehen Pferde, Hirsche und dann „Hybrid-Bisons“, Kreuzungen aus Bison und Kuh. Ziemlich große Brocken! Dann sehen wir einen gelangweilten Elch, der auf seiner Zunge herumkaut, eine Wildschweinfamilie und dann, endlich, Bisons! Eher gesagt Wisents. Zwar hinter einem großen Zaun, dafür aber zum Greifen nah.

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Hybrid-Brocken!

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Entspannter Elch

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Wir haben unsere Mission erfüllt und machen uns auf den Heimweg. Das zweite Stück durch den Wald ist kaum noch sumpfig und erinnert eher an einen ganz normalen Wald. Mir tun die Füße weh und ich freue mich auf einen Kaffee im Café Art.

Wieder sitzen wir beim Essen, wieder schenkt uns keine ein Lächeln. Wieder sehen alle demonstrativ weg, sobald ich sie anschaue und beobachten mich misstrauisch während ich esse.
Dann gehe ich duschen und erwische eine der mürrischen Damen allein im Badezimmer. Ich habe nichts als mein Handtuch um mich gewickelt und lächele sie herzlich an. Erst sind ihre Züge hart und gefühllos, wie gewohnt, dann verziehen sie sich plötzlich zu einem breiten Grinsen. Ich habe das Eis gebrochen!

Die zweite Nacht ist kurz. Unzählige Mücken wollen uns nicht schlafen lassen. Und so turnen wir stundenlang auf den Hochbetten rum und töten eine nach der anderen. Dann kann ich nicht mehr schlafen.

Später machen wir einen weiteren Ausflug. Wir wollen zur Grenze, sind gespannt was uns dort erwartet. Belarussische oder polnische Grenzposten? Oder doch einfach nur ein moosüberwachsener Grenzstein? Auf unserer Wegekarte ist nur ein Feldweg eingezeichnet. Ohne wirklich zu wissen ob wir richtig laufen, betreten wir wieder den Wald und ziehen den gewohnten Schwarm Mücken hinter uns her. Stehenbleiben ist eine schlechte Idee. Nicht lange und der Weg wir immer unscheinbarer. Aus einem Trampelpfad wird eine diffuse Richtung, der wir weiter folgen, immer geradeaus. Ein bisschen unheimlich ist uns schon zumute: mitten im Wald, kein Weg zu erkennen, keine Menschenseele. Gibt’s hier nicht auch wilde Wölfe…??? Egal! Wir laufen weiter. Plötzlich wird es licht und wir treten aus dem Wald hinaus. Vor uns erstreckt sich ein etwa zweieinhalb Meter hoher Drahtzaun, von dicken Holzpfählen gefestigt. Das ist die Grenze? Wir sind ein bisschen enttäuscht, machen aber trotzdem ein Beweisfoto.

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Wir folgen dem Zaun. An vielen Stellen sind Bäume umgestürzt und begraben den Zaun unter sich. Rüberzuklettern wäre kein Problem. Aber wir hüten uns. Immerhin bräuchten wir ein Visum für Belarus.
Dann erreichen wir doch noch einen „richtigen“ Grenzübergang. Mit Schranke, Videokamera, Verbotsschildern und Grenzstein. Wir lesen, dass man auch im Grenzgebiet einen Pass bei sich tragen muss und machen uns gemächlich wieder aus dem Staub.

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Belarussisch – Polnische Grenze mitten im Wald

Wir begeben uns auf einen weiteren Pfad durch den Sumpf. Ohne stehenzubleiben marschieren wir durch die saftig grüne Umgebung. Es fängt an zu regnen, doch auch das schreckt Mücken und Bremsen nicht ab. Sie fliegen uns in die Kapuzen und Ärmel.

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Wir überqueren schilfbewachsene Flüsschen über morsche Brücken, laufen über Lichtungen und durch dichtes Gestrüpp. Überall in den Sümpfen liegen riesige umgestürzte Bäume, die samt ihres Wurzelkranzes einfach umgefallen zu sein scheinen. Wie das wohl passiert?, frage ich mich, und wie das wohl aussieht wenn so ein Baum plötzlich umfällt…

Plötzlich hören wir einen Schuss! Wer schießt hier? Ich denke sofort an Belarus, die Grenze ist nicht weit. Aber Quatsch, das kann nicht sein. Es knallt erneut, aber diesmal hört es sich eher an wie ein Feuerwerk. In der Richtung, aus der die Geräusche kommen, sehen wir Baumwipfel, die sich schütteln. Jetzt erkennen wir das Brechen und Knacken von Holz, als ein Baum zu Boden geht. Zum Glück war er nicht in unmittelbarer Nähe!
Ein bisschen beängstigt laufen wir weiter. Anscheinend passiert es doch ziemlich häufig, dass so ein von Moor umschlossener Baum einfach mal umfällt. Wir sehen uns alle Bäume ganz genau an und schlüpfen schnell unter ihnen hindurch.

Irgendwann erreichen wir ein kleines Dorf, in dem wir endlich von unseren Geleitschwarm verlassen werden. Wir können Pause machen und etwas Essen.

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Ländliche Idylle in der Siedlung Grudki

Auf der Suche nach dem nächsten Feldweg werden wir von den heimischen Wachhunden erstmal in die Flucht geschlagen. Die Hunde meinen es ernst und wir haben keine Lust uns mit ihnen anzulegen. Wir finden Schienen und beschließen diesen zu folgen. Hier fährt sowieso kein Zug mehr, so bewachsen ist die Trasse.

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Hier fährt höchstens noch die Draisine!

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Ein paar Feldwege weiter stoßen wir endlich wieder auf unser Dorf. Wir pflücken uns Äpfel von wilden Bäumen und freuen uns wieder „daheim“ zu sein.

Am nächsten Morgen weckt uns ein singender Franzose. Bis vor wenigen Momenten herrschte noch friedliche Ruhe im Hosten. Doch nun hallt seine melancholische Stimme durch alle dünnen Wände. Er steigt unter die Dusche und sein Gesang wird noch durchdringlicher. Überall regt es sich, jetzt sind alle wach. Es ist 8 Uhr morgens und eigentlich wollten alle noch schlafen. So ergibt es sich, dass wenig später alle gemeinsam frühstücken.

Die Franzosen fahren ab, wir brechen auf. Unser Gepäck auf dem Rücken, suchen wir einen Platz, an dem wir unsere Reiserucksäcke möglichst sicher für ein paar Stunden lagern können. Wir wollen noch einen Gang durch den Mückenwald wagen, das Wetter ist heute wunderschön.
Im Museum werden wir fündig. Unter der Theke der ungenutzten Gaderobe dürfen wir unsere Taschen – zwar unbewacht – ablegen. Unser Spaziergang wird sonnig und … verfolgt von Mücken.

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Die historische orthodoxe Kirche im Ort ist heute sonnenbeschienen.

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Wohnen in Białowieża

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Zum Abschied klappter noch einmal der Storch vom Dach gegenüber. Unser Bus fährt uns zurück nach Hajnówka durch den schattigen Wald. Je weiter wir uns entfernen desto lichter wird der Wald und lässt den Blick tiefer eindringen. Dann hat uns die Zivilisation wieder. In Hajnówka machen wir uns auf den Weg nach Białystok, unserem vorletzten Stopp in Polen.

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