Im klimagekühlten Wagon ist es eiskalt. Wir haben diesmal Sitzplätze, wie in einem ganz normalen Zug, nur dass bei den breiten und hohen indischen Zügen auf der einen Seite drei Sitze und auf der anderen Seite zwei Sitze Platz haben und der Wagon unglaublich hoch ist. Und, dass es eben schweinekalt ist, mir tut sofort der Hals weh. Wir mummeln uns in unsere Fleecejacken und –pullover und unterhalten uns mit unseren Sitznachbarn, die uns von ihren USA-Aufenthalten erzählen, sie haben Verwandte in Chicago und daher eine Greencard. Am Zugfenster fliegt die üppige Plamen Landschaft Keralas vorbei. Palmen, nichts als Palmen. Dazwischen die Backwaters, Wasserstraßen, gesäumt von unendlich vielen Palmen.

Wir sind nicht lange unterwegs, dann werden wir schon wieder ausgespuckt, ein neuer Bahnhof, ein neuer Ort und wieder scheint es wärmer geworden zu sein. Die Schwüle schlägt uns entgegen und wir reißen uns die warme Kleidung vom Leib. An der Straße stellen wir uns zu den anderen Leuten, die auf den Bus warten. Die Touristen verschwinden alle in Rikschas, wir warten geduldig bis ein Bus kommt, der vorgibt uns zum Varkala Beach mit zu nehmen. Wir haben noch keine Unterkunft, jedenfalls konnte uns der Besitzer des Guesthouses, bei dem wir eigentlich schon vor über einer Woche eine Reservierung gemacht hatten, bei keinem der Telefonate in den vergangenen drei Tagen sagen, ob er ein Zimmer für uns haben wird. Und da uns das zu doof ist, wollen wir es auf gut Glück vor Ort versuchen. Wir werden an einer Abzweigung zum Strand rausgeschmissen und folgen der Straße Richtung Westen, wo die Sonne sich zunehmend rötet. Uns fällt gleich auf, dass alles viel dreckiger und vollgestopfter ist als in Agonda. Überall liegt Müll herum und alles ist übersäht mit Werbeplakaten für verschiedene Unterkünfte, Restaurants, Spas, Yoga, Reiki usw. Wir laufen immer weiter bis wir Krishnateeram erreichen, eine Unterkunft, die uns von den Australierinnen empfohlen wurde. Freundlich werden wir hinein gebeten, wir sollen doch Platz nehmen, doch ob es sich lohnt unsere Rucksäcke ab zu nehmen? Na gut. Als wir sitzen und unsere Preisvorstellungen verkünden, knallt er uns die Mindestsumme von 1.500 INR vor den Kopf. Also Rucksäcke wieder an und weiter geht’s. Neben uns am Wegrand ragt ein großes schmuckes Gebäude aus dem Felsen empor, es sieht aus wie ein Hotel für Russen, uns läuft es eiskalt den Rücken hinab. Dann stehen wir am Wasser. Doch wo ist der Strand? Vor uns nur Steine. Wir schauen uns um, das Licht ändert sich und taucht alles in warmes Orange. Dann erblicken wir “den Strand”, ein etwa zehn Meter langer und vielleicht vier Meter breiter Streifen schwarzer Sand, auf dem sich drei Damen in bester Bikiniverfassung aalen. DAS ist der STRAND?! Ich muss trocken schlucken. Nee, oder? Oh, bitte nicht, geht es mir durch den Kopf, ich will zurück nach Agonda! Sofort!!

Vollkommen fertig, die Haut klebt wieder, am Rücken läuft ein zäher Tropfen Schweiß kitzelnd die Wirbelsäule hinunter und verschwindet unangenehm in der Hose, stapfen wir ein paar Stufen hinauf. Hier muss doch irgendwo noch ein Strand sein. Und wo sind die ganzen Unterkünfte? In einiger Entfernung können wir noch ein paar Hütten sehen und da ist auch ein Strand. Aber so weit weg? Wir sollten doch schon längst da sein. Wir beschließen ein Paar zu fragen, das uns gerade entgegen kommt. Ich höre sofort, dass sie Deutsch sprechen und so wird die Kommunikation leichter. Bella und Zig, eigentlich Michael, nehmen uns gleich mit. Wir wären hier voll in der falschen Richtung, die Tourimeile gehe in die andere Richtung und ja, da sei dann auch der richtige Strand, beruhigen sie uns. Also folgen wir, bzw. werden begleitet, und plötzlich sind wir da, zu unserer Rechten die steile Klippe und das Meer darunter, zu unserer Linken ein Souvenirshop, Restaurant und “Beachresort” neben dem anderen. “Yes Madam!”, “Come look my shop.”, “You need room?”, hier sind wir richtig. Wir bleiben ab und zu stehen nur um mal nach Preisen zu fragen, aber alles zu teuer. Und dann sehen wir auch endlich den Strand: Ein etwa ein Kilometer langer und vielleicht 20 Meter breiter Sandstreifen, der sich vor den roten Klippen Richtung Süden zieht. Bella warnt mich vor den Wellen, die seien tückisch, passend dazu kommt uns eine Touristin mit Gipsbein entgegen gehumpelt. Ich bekomme Schiss. Irgendwann sind wir bei den beiden in der Unterkunft angekommen. Heute sei “das kleine Zimmer” frei geworden, sagen sie uns und tatsächlich, ein Zimmer, genau unser Ding eigentlich, schlicht, mit großem Bett und eigenem kleinem aber sauberem Badezimmer, ist noch frei. Was es denn kosten soll, wollen wir vom Chef wissen, wie lang wir denn bleiben wollten, will der wissen. Als er erfährt, dass wir eine Woche bleiben bietet er 450 INR pro Nacht. 350 , frage ich, 400, sagt er. Ich versuche ihn noch mit all meinen Bargaining Fähigkeiten herunter zu bekommen aber er bleibt steinhart.

Wir richten uns in unserem Zimmer ein, dann gehen wir etwas essen. Im Clafouti sitzen wir eingezwängt zwischen vielen anderen Touristen, denen wir bei ihren deutschen oder englischen Unterhaltungen zuhören müssen. Urlaubstouristen, sie unterhalten sich über die Arbeit, über Einstiegsgehälter, was ist gut, was ist schlecht, meckern, machen blöde Sprüche. Wir sitzen wie versteinert, können kaum atmen. Agonda war so anders.

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Meeresgetier vor den Restaurants.

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Hier kann man seinem Abendessen tief in die Fischaugen schauen.

Nach dem Essen flüchten wir über die Tourimeile und laufen so weit bis wir alles hinter uns lassen. Auf einem Parkplatz steht ein Vodaphone-Bus, der die Umgebung mit seiner leuchtend roten LCD-Reklame erhellt. Schnell weiter. Wir kommen an den Strand, wo es gleich viel ruhiger ist und laufen langsam wieder zurück. Ein riesiger Scheinwerfer, der ein Fußballstadion erhellen könnte, trägt Licht von der Klippe auf den Strand. Überall flitzen Krebse in ihre Sandhöhlen. Ich bade meine Füße, das Wasser hat Badewannentemperatur. Dann sitzen wir im feinsten Sand, den wir je gefühlt haben und seufzen. Eigentlich ist es doch schön. Wir sind wieder am Meer, die Sterne blinken mit den Fischerbooten, die über den Horizont schaukeln, um die Wette. Doch wenn wir die rostroten Klippen hinaufschauen, zieht sich uns doch alles zusammen. Das ist so nicht Agonda. Das ist so, so, so touristisch, so voll, so übervoll, so übersättigt.

Als wir eine rudimentäre Steintreppe wieder nach oben steigen, sagen wir uns, dass es schlimmere Orte gibt, um eine Woche fest zu sitzen. Und wirklich fest sitzen wir ja auch nicht. Wir können uns einen Roller leihen, wir können an der Küste entlang schlendern, wir können eine Backwaters Tour machen. Zur Versöhnung laufen wir noch am Little Tibet vorbei, das uns von Bella und Zig empfohlen wurde, denn dort soll es den besten Kuchen geben. Und tatsächlich: Der Apfelkuchen schmeckt!

Am ersten Morgen freue ich mich schon auf ein bisschen entspanntes Yoga am Strand und als ich auf den Weg trete habe ich mich schon fast eingelebt, denke ich jedenfalls. Als ich dann die Stufen zum Strand hinunter steige, stelle ich gleich genervt fest, dass ich nicht die Einzige bin, die hier Yoga machen will. Alle paar Meter sitzt da irgendeine Tante im Schneidersitz in ihre Meditation vertieft, reckt ihren knöchernen Hintern in die Morgensonne oder steht, Handflächen auf einander, die Arme zum Himmel gestreckt, wackelig auf einem Bein, das andere eingeschlagen und krampfhaft gegen den Oberschenkel gestemmt. Angenervt laufe ich an all den “Eat-Pray-Love”-Pilgern vorbei bis ich den südlichen, den indischen Teil des Strandes erreiche. Ich hatte bereits gelesen, dass dieser Teil des Strandes den Indern und ihren Verabschiedungsritualen für ihr verstorbenen Angehörigen vorbehalten ist und bin daher zunächst vorbereitet. Sofort werde ich wieder neugierig beäugt. Der Strand ist zu Ende und ich will die Straße hinauf laufen und mich nach weiteren Unterkünften umsehen, die vielleicht ein wenig verlassener und abgeschiedener sind. Als ich zu den Treppenstufen laufe, bemerke ich, dass rechts und links von mir die Erde zu länglichen Hügeln angehäuft und festgedrückt ist. Sind das Gräber?? Laufe ich hier zwischen den Gräbern indischer Eltern und Großeltern herum?? Ich sehe, dass die Hügel bedeckt sind mit Blumen, Familienangehörige sitzen drum herum, essen, unterhalten sich, irgendwo läuft auch Musik. Ein Mann, der allein an einem der Gräber sitzt, winkt mich zu sich heran. Will der, dass ich zum Grab seiner Mutter komme? Ich ignoriere ihn und steige schnell die Stufen empor.

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Morgens am Strandfriedhof.

Die Straße geht steil die Klippen wieder hinauf. Sie ist rau und steinig und ich habe keine Schuhe dabei. Ich laufe ein ganzes Stück, immer noch Unterkünfte, Hotels, Spas, aber keine Souvenirshops mehr. Ich biege auf eine weitere Straße, doch der Splitt wird immer pieksiger und meine Fußsohlen glühen. Ich muss umdrehen. Ich laufe wieder an den Gräbern vorbei, über den Strand und lasse mich dann doch zwischen den Yogis nieder und schließe die Augen.

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Strand vor Varkala.

Um 10 Uhr ist es bereits glühend heiß. Die Luft ist schwer, die Sonne drückt, zwingt uns in die Knie. Wir gehen zum Frühstücken und trauen uns bis 15 Uhr nicht mehr aus dem Schatten. Zum Glück setzt gegen Mittag ein Lüftchen ein, das den Schweiß von unserer Haut übers Meer trägt. Wir bestellen Wasser, Papaya Saft, Porridge, Obstsalat, French Toast, haben den Computer dabei und lauschen abgeneigt den nörgelnden Unterhaltungen anderer Touristen. Dann ist es endlich Nachmittag und ich laufe erneut die Stufen hinab zum Strand. Die Hitze, die mir vom Strand entgegenschwappt, lässt mich nach Luft schnappen. Der Sand ist so heiß, dass es unmöglich ist darauf zu laufen. Weiter vorne am Wasser ist es aber besser. Mir fällt auf, dass fast alle unter einem Sonnenschirm liegen, wo die den wohl her haben? Wahrscheinlich von den Jungs, die auch die Bodybords und das schrottige Surfbrett, nach dem ich mich am Morgen erkundigt hatte (der Typ wollte doch allen Ernstes 200 Rupies pro Stunde dafür haben!)  vermieten. Zum Glück entdecke ich in dem Moment einen verlassenen Sonnenschirm im Sand stecken, schnell breite ich mein Handtuch aus und laufe erst mal ins Wasser, der Schweiß rinnt mir mittlerweile in Bächen über den Körper. Auch nach der mittelmäßigen Erfrischung (das Meer ähnelt eher einer Badewanne) hören meine Schweißdrüsen nicht auf, mich mit einem Schwall salziger Flüssigkeit nach dem anderen zu übergießen. Es ist kaum auszuhalten. Der Sand unter meinem Handtuch funktioniert wie eine beheizbare Matratze auf höchster Stufe, die Luft unterm Sonnenschirm steht, ich ertrinke in meinen eigenen Körpersäften und finde mich nach zehn Minuten erneut im Wasser wieder.

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Hitze.

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Gegen 16:30 Uhr wird es langsam erträglich, Christian gesellt sich zu mir und gemeinsam beobachten wir die Frisbeekunststücke einer Gruppe alter Hasen und anschließend die Akrobatik eines Paares (sprachen die Russisch?), die beide aussehen als seien sie Fitnesscoaches und unter staunenden Blicken eine Art Paar-Yoga praktizieren. Wir fühlen uns ziemlich unfit, morgen mache ich wieder Yoga, nehme ich mir vor.

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Frisbee.

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Abends essen wir im Cafe’ del Mar (leider falsch geschrieben), dem stylischsten Restaurant und dementsprechend teuer, danach fühle ich wieder meinen Hals und meinen Kopf und nach einem leckeren Stück Kuchen aus dem Little Tibet verabschiede ich mich trotz Samstagabend Partyangebot ins Bett. Am nächsten Morgen geht es mir ein bisschen heiß-kalt, trotzdem eile ich zum Strand hinab, um mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Als ich mich kurz abkühlen will, werde ich überraschend von einer Welle erwischt, dass ich nicht mehr weiß wo oben und wo unten ist und kann verstehen wovor mich Bella warnen wollte. Ich bin voller Salzwasser, Nase, Rachen, Ohren, mein ganzer Kopf, vielleicht ist das ja ganz gut gegen die Sommererkältung, doch nach dem Frühstück bekomme ich Gänsehaut und mir läuft kalter Schweiß den Rücken runter. Ich schleppe mich ins Bett – heute keinen Strand – und falle auf Anhieb in einen komatösen Schlaf. Drei Stunden später werde ich von Christian geweckt.

Die nächsten Tage pendelt sich unser Tagesablauf ein. Ich gehe morgens an den Strand, die ersten Tage verzichte ich auf Yoga und Wasser, dann frühstücken wir bis Mittags, surfen im Internet rum und schlagen uns den glühend heißen Mittag um die Ohren.

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Ausblick beim Frühstück.

Wir sehen wieder Delfine, beobachten die riesigen Seeadler, die über dem Wasser ihre Kreise ziehen und erfrischen uns mit Minz-Zitronen-Saft und schwarzem Tee. Um vier, dann um drei und die letzten zwei Tage sogar schon um zwei, begebe ich mich an den Strand. Manchmal habe ich Glück und ergattere einen einsamen Sonnenschirm, manchmal brate ich in der sengenden Sonne.

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Wir nehmen unser Schicksal hin und nennen uns nun nur noch Manni…

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…und Schakeline!

Am Strand ist immer etwas los. Das allabendliche Fußballspiel zum Beispiel, bei dem eine ganze Horde Inder gegen genauso viele Gegenspieler über ein riesiges Spielfeld, dessen Grenzen unbestimmt sind und von der jeweiligen Spielsituation abhängen, jagt. Jedem Team gehören immer auch ein oder zwei Quotenweiße an, die verzweifelt versuchen ein paar ordentliche Spielzüge auf die Beine zu stellen. Doch spätestens nach dem ersten strategischen Pass kommt wieder ein wild gewordener Inder dazu gerannt und pöllt voll drauf, der Ball fliegt unkontrolliert durch die Luft, die Weißen lassen die Köpfe hängen. Dann fällt ein Tor, das natürlich nur von der einen Seite anerkannt und bejubelt wird, die andere Seite streitet lautstark ab: Der Ball war eindeutig drüber! Aber wie will man das beurteilen, wenn das Tor aus zwei Bambusstäben besteht und nach oben keine Begrenzung hat.

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Strandfußball.

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Das allabendliche Sonnen-Schauspiel.

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Die Sonne versinkt jeden Abend auf die gleiche dramatische Weise in gleißendem Feuerrot im Meer und jedes Mal ist es doch anders. Zeitgleich schwärmen die jungen Inder über den Strand. Sie suchen sich gezielt gut aussehende junge Touristinnen in Bikini, stehen dann verstohlenen Blickes in der Gegend herum und quatschen sie dann doch ungelenk an. Wir verfolgen das Schauspiel Mal für Mal und konzentrieren uns auf das Licht, das kurz nachdem die Sonne verschwunden ist, herrscht. Alles leuchtet, der Himmel, die Wolkenschleier, die wie brennende Federn am Himmel kleben, die roten Felsen, der Sand und wir.

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Der Mond ist schon da, um seine Nachtschicht anzutreten.

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Alles schwimmt in zuckersüßem Licht.

Anschließend stapfen wir erfüllt von Sonne, Meer und Wärme die Stufen zu unserem Zimmer empor und springen mit einem Seufzer der Überwindung unter die kalte Dusche. Das Bad ist immer voller Sand und unsere Füße auch. Wir schlendern den Boulevard hinauf und hinab und probieren mal hier mal dort das Essen aus. Langsam gewöhnen wir uns an die Urlaubsatmosphäre und die grimmigen Gesichter. Die Tage fliegen an uns vorbei in ihrer eintönigen Routine.

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Speisen unterm Palmendach.

An einem unbestimmbaren Abend sitzen wir im Rock and Roll Café als plötzlich Anna vor uns steht. Unsere Anna aus Agonda! Wir springen gleich auf und fallen uns in die Arme – wie schön es ist ein freundliches bekanntes Gesicht zu sehen! Anna (zur Erinnerung: Sie ist 76 Jahre alt, oder jung, wie man in ihrem Fall eher sagen sollte!) setzt sich gleich zu uns, und erzählt uns in ihrer energiegeladenen Art aber dennoch mit trockener Zunge, dass sie heute erst nach 18 Stunden Busfahrt hier angekommen sei, schwimmen war und geduscht habe und dass sie jetzt seit 48 Stunden auf den Beinen sei. Au weia! Ich stelle ihr gleich mein Wasser hin und bestelle ihr eine neue Flasche. Doch Anna hat noch andere Interessen und bestellt sich einen Gin mit Tonic und einen Salat. Wir erzählen über Agonda und ihre Reise und über unsere Enttäuschung über Varkala, doch mit Anna in unserer Mitte bekommt der Ort gleich eine wohligere Atmosphäre. Ich komme mit dem Paar neben uns ins Gespräch und plötzlich haben wir wieder Freunde. Anna verabschiedet sich, sie wolle schlafen gehen, doch als wir später wieder die Tourimeile hinab zum Kuchen im Little Tibet schlendern, entdecken wir sie glücklich lächelnd tief in einen Liegestuhl zurückgelehnt in der vordersten Reihe eines chilligen Restaurants mit einem weiteren Cocktail vor sich. Die Frau hat einfach Energie! Unglaublich!

Und so geht dann auch Varkala zu Ende. Ich erhole mich von der Erkältung, Christians Tabletten schlagen an und er besorgt sich einen weiteren Streifen Antibiotikum und genießt das halbwegs gute Essen. Die letzten zwei Abende sitzen wir lange am Strand unter einem leuchtend hellen Vollmond und hören den krachenden Wellen zu. Wir haben uns wieder mal überhaupt nicht bewegt, haben keinen Roller gemietet, die Küste nicht erkundigt und auch sonst nichts gemacht, das irgendwie von unserer Tagesroutine abgewichen wäre. Wir haben es einfach genossen faul zu sein und mal zu ruhen, nichts zu tun und wieder mal an einem Ort zu verweilen.

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Monotonie – Weißes Rauschen für die Sinne.

Am Morgen unserer Abreise packen wir unsere Taschen und verlassen unser kleines aber feines Zimmer, wir zahlen und laufen zum großen Parkplatz wo wir in eine Rikscha steigen, die uns zum Bahnhof bringen soll. Unseren morgendlichen Zug nach Trivandrum haben wir am Vortag gecancelt. Wir haben genug Zeit, um erst mittags loszufahren, denn in Trivandrum geht unser Anschlusszug nach Madurai erst um 16 Uhr. Der Rikschafahrer will uns die ganze Fahrt davon überzeugen, uns direkt nach Trivandrum zu fahren. Erst will er 900 Rupien, am Ende ist er bei 600 Rupien angekommen. Wir versuchen es erst mit dem Bus. Aber da es angeblich keinen Direktbus in die Hauptstadt Keralas gibt fahren wir doch mit dem Zug. In zäher Backofenluft harren wir eine gute Dreiviertelstunde aus bis endlich unser Zug einfährt. Wir ergattern zwei gute Plätze am Fenster und bekommen ein bisschen heißen Fahrtwind zu spüren. In Trivandrum haben wir eine gute Stunde Zeit und wollen noch schnell eine Kleinigkeit essen. Immerhin erreichen wir unser Ziel Madurai, die Tempelstadt, erst um 23 Uhr. Wir finden ein witziges Kaffeehaus, das sich wie eine Spirale aufwärts windet und in dem wir total billig Dosa essen und Kaffee trinken.

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Kaffeehaus mit Steigung.

Dann wird es Zeit zum Bahnhof zurück zu laufen und in unseren Zug ins Landesinnere zu steigen. Madurai ist unser erstes Ziel in Tamil Nadu, dem Bundesstaat auf der östlichen Seite des Zipfels Indiens. Wir verlassen den südlichsten Punkt unserer Reise und bewegen uns erst auf die andere Seite Indiens, um dann an der Ostküste wieder hoch bis nach Kalkutta  zu fahren. Doch erst werden wir, nachdem wir in Madurai die berühmte Tempelstadt besichtigt haben, Christians Onkel in Auroville, ebenfalls in Tamil Nadu, besuchen und dort noch mal einen etwas längeren Zwischenstopp einlegen. Wir sind schon total gespannt Christoph und Fredi zu treffen, immerhin wird es das zweite Mal auf unserer Reise sein. Das letzte Mal war Anfang Juli in Hamburg.

Vorher sind wir jedoch erst mal zwei Nächte in Madurai. Die kulturelle Bildung wird uns nach dem ganzen dummen Strandurlaub sicherlich ganz gut tun!

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