Auf dem Weg zu unserem Wohnmobil unterhalte ich mich mit der Fahrerin unseres Shuttles. Sie erzählt mir von ihrer knapp zwei-jährigen Tochter, mit der das Reisen wohl etwas anstrengend sei. Emilian schläft zum Glück gerade wieder in der Trage als wir abgeholt werden, so dass sich die Frage nach dem Maxi Cosi erneut erübrigt. Als wir die Abholstelle erreichen, werden wir von einem Mann in Empfang genommen, der uns zunächst mit ein bisschen Papierkram behelligt. Dann düfen wir endlich unser Wohnmobil, das eigentlich ein Truck Camper ist, inspezieren. Auf dem überdimensionierten Pick-up Truck ist eine Campingeinheit befestigt. An der Seite muss man über das sogenannten Slide-out die Sitzecke und den Kühlschrank rausfahren, damit im Innenraum Platz entsteht. Im Alkhofen über der Fahrerkabine des Trucks befindet sich das 180×200 cm große Bett. Dort werden wir die nächsten vier Wochen alle schlafen. Es gibt zwar noch zwei weitere Schlafplätze – ein herunterfahrbares Hochbett über der Sitzecke, sowie einen Schlafplatz, den man durch Umbau der Sitzecke erhält – wir gehen aber davon aus, dass Juna, genau wie zuhause, nicht alleine schlafen wollen wird. Außerdem verfügt unser neues Heim über ein Mini-Badezimmer mit Toilette, Dusche und Waschbecken, sowie über eine Kocheinheit mit Spüle, Gasherd mit drei Platten, einer Dunstabzugshaube und einen Backofen. Wir bekommen alles mehr oder weniger genau erklärt. Von der Sonnenmarkise über die Klospülung bis zur Schwarz- und Grauwasser Entleerung und Neubefüllung des 70 Liter Wassertanks. Der Mann bemerkt allerdings mehrfach, dass nicht die Wohneinheit das Besondere an unserem Gefährt sei, sonder der nagelneue Truck, um den uns garantiert viele andere Camper beneiden würden. Wir sollten uns schon mal darauf einstellen, dass wir ständig angesprochen würden weil sich die Leute für unseren Truck interessierten. Im Truck finden wir einen Kindersitz für Juna, den wir angeblich nur auf dem Rücksitz befestigen dürfen. Immerhin befinden sich hinten drei vollwertige Sitze und auch vorne lässt sich die Mittelkonsole zu einem weiteren Sitz umbauen. So kann ich mit beiden Kindern hinten fahren. Geplant war eigentlich, dass Juna mit Christian vorne fährt und ich hinten mit Emilian, aber so geht es auch und so kann sich Christian voll aufs Fahren konzentrieren.
Bis wir alles montiert haben, ist es bereits mittags. Wir machen uns auf den Weg zum Einkaufen. In der Nähe soll es einen Walmart geben. Da wir aber so mit Informationen überflutet wurden, haben wir natürlich vergessen, wie wir da hin kommen und verfahren uns gleich mal. Den riesen Truck zu fahren ist für Christian auch ziemlich ungewohnt und fühlt sich an, als würde er ein kleines Flugzeug steuern. Zum Glück sind wir bald wieder auf dem richtigen Weg und finden dann auch unser Einkaufszentrum. Dort decken wir uns mit Lebensmitteln, Wasser und Windeln ein und beladen damit unser neues Heim.
Dann kann die Reise in die Berge endlich beginnen. Vor uns liegt eine ziemlich lange Etappe. Das Navi sagt knappe 4 Stunden, gute 300 km. Wenn es um Entfernungen und Geschwindigkeiten geht ist Kanada Europa ähnlicher. Denn diese werden in Kilometern angegeben und auch die Einheiten von Lebensmitteln werden in Gramm und Litern gemessen. Ansonsten haben wir einen überraschend amerikanischen Eindruck von diesem Land gewonnen. Überall fahren riesige Trucks wie unserer durch die Gegend und auch die Infrastruktur erinnert an die der USA.
Unser Weg in die Berge führt uns über einen schnurgeraden Highway in Richtung Westen. Etwa 100 km vor unserem Ziel, kommen im Dunst des Gegenlichts die Berge in Sicht. Langsam wird es hügeliger um uns herum, der Highway windet sich nun durch ein breites Tal umgeben von Bergen.
Endlich erreichen wir unseren Campingplatz Poccahontas. Dort haben wir zum Glück einen Platz reserviert, denn ein Schild am Eingang siganlisiert uns, dass der Platz komplett ausgebucht ist. Rückwärts einparken geht natürlich nur mit Einweisung und dann stehen wir endlich an unserem ersten Platz. Es gibt ein Waschhaus direkt in der Nähe unseres Platzes, mit richtigen Toiletten und Waschbecken. Leider gibt es auch jede Menge Mücken, so dass wir unser Abendessen (Kartoffelbrei mit Spiegeleiern und Salat) lieber drinnen essen.
In der ersten Nacht im Camper müssen wir uns erstmal sortieren. Erst ist es furchtbar warm, so dass mir ein Laken ausreicht. Im Laufe der Nacht wird es dann aber ziemlich frisch und es zieht fürchterlich am Fenster, an dem Emilian und ich schlafen. Ich versuche das Fenster irgendwie abzudichten, friere aber trotzdem. Am nächsten Morgen habe ich ordentliche Halsschmerzen.
Unser Truck
Trotzdem wollen wir ein bisschen wandern gehen und die Gegend erkunden. Mit beiden Tragen und etwas Proviant ausgestatten, machen wir uns auf den Weg in den umgebenden Wald.
Juna lässt sich natürlich gerne in der Trage auf dem Rücken tragen. Wir wechseln uns mit den Kindern und dem Rucksack ab und bekommen so ein ordentliches Sportprogramm.
Unten am Eingang des Poccahontas Feriendorfs machen wir eine Rast und erkunden uns dann nach Möglichkeiten für den Nachmittag. Anscheinend gibt es ganz in der Nähe heiße Quellen, die wir besuchen wollen. Wir wandern also zum Campingplatz zurück und machen uns dann langsam bereit für das Schwimmen in den heißen Quellen.
Der Weg dorthin führt uns weiter durch die Berge und an steilen Felsmassiven vorbei.
Das Bad in den Quellen erinnert ein wenig an den Besuch in einem Freibad mitten in den Bergen. Allerdings ist das Wasser in den zwei großen Becken angeblich 40 Grad heiß! Gleich daneben gibt es aber kleinere Becken mit kaltem Wasser, in denen man sich alle 10 Minuten abkühlen soll.
Nach unserem Bad geht es wieder zurück zum Campingplatz.
Am nächsten Morgen geht es für uns weiter Richtung Jasper. In dem touristischen Städtchen decken wir uns in einem kleinen Supermarkt mit neuen Lebensmitteln ein. Auf dem Weg Richtung Lake Louise, einem der touristischsten Orte auf der Route durch die Rocky Mountains, kommen wir an einigen Campingplätzen vorbei, die bereits voll sind. An einem kleinen Platz, genannt Jonas, finden wir dann aber noch einen freien Stellplatz. Hier gibt es kein Servicepersonal, sondern man muss sich selbst registrien, was wir bereits aus Neuseeland kennen. Meine Halsschmerzen sind leider nicht besser geworden und der Besuch in den heißen Quellen hat auch nicht gerade zu meiner Genesung beigetragen. Daher lege ich mich für ein Viertelstündchen hin, während Christian mit den Kindern ein wenig die Umgebung erkundet. Anschließend nehmen mich die drei noch mal mit und zeigen mir eine kleine Wanderung am Bach entlang.
Leider entwickelt Emilian an dem Abend plötzlich ziemlich starkes Fieber. Es steigt innerhalb kurzer Zeit auf über 38 Grad und weiter über 39. Emilian glüht und wacht immer wieder fürchterlich schreien auf. Ich stelle mich schon auf einen Fieberkrampf ein, da das Fieber so schnell steigt. Zum Glück bleiben wir davon verschont und das Fieber steigt nicht über 39,6. Die Nacht wird allerdings ziemlich anstrend, da Emilian immer wieder schreiend aufwacht und sich erstmal auch nicht beruhigen lässt. Mir tun unsere Nachbarn leid, ein nettes Rentnerpaar aus Montreal, mit denen wir uns nachmittags noch sehr nett unterhalten haben. Und Juna natürlich, aber die schläft erstaunlicher Weise ziemlich unbeteiligt weiter.
Für den nächsten Tag haben wir dann auch wieder ziemlich was vor. Wir wollen nach Lake Louise. Und da es dort ziemlich voll sein soll, wollen wir vor 11 vor Ort sein um noch einen Platz auf dem Campingplatz zu ergattern. Emilian hat weiterhin Fieber, allerdings nur noch etwas über 38 Grad. Trotzdem hängt er eigentlich die ganze Fahr über an meiner Brust und schläft immer wieder ein.
Zwischenstopp. Jetlag und krank :(
Aus Zeitgründer fahren wir auch am Icefield Center vorbei und verpassen so den Besuch der Gletscher. Schade, denn als wir um 10:30 am Campingplatz ankommen ist dieser auch bereits ausgebucht. Wir bekommen einen alternativen, 20 Minuten entfert, empfohlen. Wieder verfahren wir uns und fahren erst 20 Minuten auf der falschen Straße. Dann finden wir den Campingplatz aber doch und dort auch noch einen Platz. Hier ist es auch ganz schön auch wenn das Wetter ziemlich schlecht ist. Nach einem Mittagsimbiss, fahren wir erneut in die Stadt und zu dem Campingplatz und machen unseren ersten Sani-Stop: Wir müssen unser Dreckswasser loswerden und neues Wasser auffüllen. Bei dem Dauerregen gar keine schlechte Aktivität. Danach statten wir dem Städtchen Lake Louise noch einen kleinen Besuch ab. Im Visitorcenter gibt es Internet. Wir schicken Lebenszeichen an unsere Familien. Danach gehen wir noch etwas einkaufen.
Unser Stellplatz
Am nächsten Morgen ist Emilians Fieber verschwunden, er ist jetzt allerdings ziemlich heiser. Wir packen morgens schnell alles zusammen und fahren früh zum See Lake Louise um noch einen der wenigen Parkplätze zu ergattern. Das Wetter ist wieder nicht besonders schön, aber es ist trotzdem unglaublich viel los. Die Uferpromenade des Sees ist überfüllt mit (hauptsächlich asiatischen) Touristen. Dahinter thront das „Chateau Lake Louise“, ein ziemlich protziges Hotel. Wir entkommen dem touristischen Treiben, indem wir eine Wanderung zum Teehause, ca 4km entfernt, starten. Leider geht der Weg dorthin nur bergauf. Ich trage zunächst Juna, Christian Emilijan und den Rucksack. Als wir etwa die Hälfte geschafft haben, kann ich nicht mehr. Immerhin bin ich immer noch angeschlagen. Wir versuchen Juna zu motivieren, ein Stück zu laufen, doch als es immer stärker regnet, geben wir nach und nun trägt Christian sie und den Rucksack. Mir reicht Emilian, der langsam auch ungemütlich wird.
Als wir ENDLICH die Holzhütte erreichen, geht es dort zu wie in einer Flüchtlingssammelstation. Die Leute drängen sich dicht an dicht in dem kleinen Raum, alles ist nass und klamm, alle frieren und wollen nur ein heißes Getränk. Es gibt nur sehr wenige Tische und Sitzmöglichkeiten doch zu unserem Glück wird gerade etwas frei, als wir reinkommen. Zwar wartet bereits eine andere Familie mit einem kleinen Mädchen, aber wir dürfen uns dazu setzen. Wie sich herausstellt, sind die drei Italiener und das Mädchen, das zunächst einen kleinen Mittagsschlaf auf dem Schoß seiner Mutter macht, ist viereinhalb Jahre und heißt Lisa. Kein Wunder, dass sie schläft, angeblich ist sie nämlich den ganzen Weg hinauf alleine gelaufen! Ob das mit Juna in einem Jahr auch möglich sein soll? Wir bezweifeln es… Die ist putzmunter und kann es kaum erwarten, dass ihr endlich ihre heiße Schokolade gebracht wird. Christian und ich teilen uns eine Kanne Kräutertee und außerdem eine heiße Suppe und einen Lachsbagle. Draußen hört es langsam auf zu regnen und die Situation in der Hütte entspannt sich langsam. Nach unserer Stärkung brechen wir wieder auf.
Nach dem Regen ist es richtig schön draußen. Die Luft ist klar und frisch, der Weg wenig besucht. So können wir unseren kleinen Ausflug doch noch genießen.

 

 

 

Zurück am Camper machen wir uns auf den Weg raus aus den Rockys, in die Columbia Mountains. Wir verlassen die hohen Berge und fahren nach Golden.

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