Wir verlassen die Rocky Mountains und begeben uns auf den großen Trans Canadian Highway, der uns immer geradeaus nach Calgary bringt. Dort fahren wir zur Abgabestelle unseres Campers. Gegen 10:30 sind wir da, vor uns warten aber noch ein paar andere Camper auf ihre Abnahme. Die ältere, wettergegerbte Dame, die die Fahrzeuge eins nach dem anderen kontrolliert und abnimmt, bittet uns um Geduld. Wir haben keine Eile, da unser Flieger sowieso erst am Nachmittag geht. Im Büro der Wohnmobilvermietung gibt es eine Kinderspielecke, die ich mit Juna und Emilian besuche. Offensichtlich vermietet dieses Agentur hauptsächlich an Deutsche ihre Wohnmobile. Etwas irritiert höre ich so viel Deutsch wie in den letzten Wochen nicht und dabei wird mir wieder deutlich wie steif und ungemütlich die deutsche Art im Vergleich zur locker flockigen und gut gelauten kanadischen Art doch wirkt. Echt schlimm, wie verklemmt wir für andere Kulturen wirken müssen!

Die Übergabe des Campers läuft dann auch völlig unkompliziert. Die Frau habe sich sogar bei uns bedankt, dass wir den Camper in solch ordentlichen Zustand überbracht haben, erzählt mir später Christian. Kaum sind wir durch mit allem, können wir auch schon in den Shuttle Bus steigen, der uns zum Flughafen bringt. Wir werden als erste weggebracht, da wir zum „Domestic Terminal“ wollen, von wo aus die Innlandsflüge abgehen. Im Gegensatz zu allen anderen Touristen im Bus geht es für uns glücklicherwiese noch nicht zurück nach Hause, sondern weiter nach Vancouver. Auf die Stadt freuen wir uns schon ein Weilchen. Denn wir haben bisher nur Gutes über sie gehört und der Blick vom Aussichtspunkt am Leuchtturm war auch vielversprechend. Als erstes darf also die „Riesloh“ Family aussteigen, wie unser Fahrer verkündet. Und wir bekommen wieder Bewunderung für unser schlankes Gepäck. Nur zwei große Taschen? Und das mit zwei Kindern?? Der Fahrer kann es kaum glauben.

Wir sind malwieder furchbar früh am Flughafen, so dass Christian beim Check-In fragt, ob eventuell auch ein früherer Flug möglich wäre. Der freundliche Typ am Schalter schaut nach und tatsächlich: Um 14:20 geht auch noch ein Flieger, der noch Plätze frei hat. Jetzt aber flott! Es ist nämlich bereits halb zwei! Zum Glück ist der Flughafen nicht groß und der Sicherheitscheck geht recht schnell (obwohl irgendetwas in meiner Tasche wieder zu einer Extradurchsuchung führt und auch Christian noch mal gesondert in den Durchleuchter muss, gefunden wird aber nichts). Dann sind wir schon am Gate und da gerade schon gebordet wird, können wir gleich durchgehen. Kurze Zeit später sitzen wir dann auch schon im Flieger. Wir bitten einen jungen Mann einen Platz mit uns zu tauschen und so können wir dann alle nebeneinander und Juna sogar am Fenster sitzen, was für ein Glück!

Fensterplatz!

 

Der Flug von Calgary nach Vancouver dauert nur eine Stunde und so ist es aufgrund der Zeitverschiebung 14:20 als wir in Vancouver landen. Wir sammeln unsere Gepäckstücke ein und gehen zum Skytrain, der uns in die Stadt bringt. Da er im Zentrum als U-Bahn unterwegs ist, sehen wir während der Fahrt noch nichts von der Stadt. Als wir dann im Stadtzentrum aus dem Fahrstuhl steigen sind wir erstmal ein bisschen überrumpelt von dem städtischen Getummel. Wir sind auf einer der Hauptverkehrsstraßen im Zentrum gelandet. Es herrscht reger Verkehr, es ist laut und malwieder ziemlich warm. Aber es ist auch bunt und es gibt viel zu sehen, das gefällt uns. Anstatt den Bus zu nehmen wollen wir die etwa 2km bis zu unserer AirBnB Unterkunft laufen. Da es streckenweise ziemlich bergauf geht wird es mit den zwei Taschen, Buggy, Rucksack und Emilian auf dem Rücken dann doch etwas anstrengend. Von wegen, schlankes Gepäck!

Erst verlaufen wir uns ein bisschen in den Backstreets. Das Prinzip Backstreet war uns vorher noch gar nicht so bekannt. Aber jetzt, da wir es sehen, macht der Name auch Sinn. Da die Stadt, ähnlich anderer nordamerikanischer Städte, wie ein Schachbrett aufgebaut ist, verlaufen die Straßen parallel oder im rechten Winkel zueinander. Zwischen zwei parallel verlaufenden Straßen, liegt die Backstreet. Sie hat, im Gegensatz zu den zwei Straßen, keinen Namen, sie ist die Backstreet. Hier liegen die Hinterausgänge, die Warenzulieferung findet hier statt, hier stehen die Mülltonnen rum, so dass es einfach etwas schmuddelig und unschön aussieht. Als wir endlich kapiert haben, dass wir noch eine Straße weiter müssen, finden wir auch unser Appartementhaus. Den Schlüssel zu unserer Wohnung haben wir beim Supermarkt um die Ecke abgeholt. Echt praktisch. Wie sich herausstellt, sind wir hier ziemlich am Hot Spot der Stadt angekommen. Davie Street ist die nächste Parallelstraße (nach der Backstreet natrürlich) und die ist bekannt für ihr farbenfrohes Gesicht, ihre Extravaganz und alternative Szene. Überall in den Geschäften, Restaurants und Bars sind Regenbogenfahnen aufgehangen. Ein bisschen spät für Christophe Street Day denke ich und frage beim Japaner um die Ecke nach, bei dem wir uns unser Abendessen besorgen. Der kennt zwar CSD nicht, aber scheinbar hat es vor ein paar Wochen hier eine ähnliche Parade gegeben. Er sagt, dass durch den Rummel schon zu viel los sei im Laden. Und es ist tatsächlich ganz schön viel los hier im Viertel.


Davie Street

Weil es noch so früh ist, haben wir sogar noch Zeit an einen der nahe gelegenen Stadtstrände zu gehen.


Sunset Beach

Nachdem wir uns im Supermarkt mit Frühstückssachen und Snacks eingedeckt haben, beziehen wir unsere kleine Wohnung. Wir haben eine kleine offene Küche mit einem großen Kühlschrank, der sich anhört als würde er gleich abheben – oder in sich zusammenbrechen, ein Wohn- und Esszimmer mit schwarzer Ledercouch, Fernseher, kleinem Balkon und Esstisch, ein Schlafzimmer mit einem Doppelbett und ein kleines Bad mit Duschwanne. Das Bett ist so weich, dass man darin förmlich versinkt. Wir schieben es an die Wand und stellen die Kommode auf die andere Seite, damit ich mit Emilian hier sicher schlafen kann. Als ich ihn später ins Bett bringe, stelle ich fest, dass ich das Schlafzimmerfenster nicht schließen kann. Offensichtlich wurde hier nachträglich eine Klimaanlage ins Fenster eingebaut und die ist ein Stückchen breiter als die Scheibe. Da es sich um ein Schiebefenster handelt, lässt sich dieses nun nur noch bis zur Klimaanlage zu schieben, darüber bleibt ein Spalt offen, in den der Vermieter den Vorhang gepröfft hat damit es nicht so sehr zieht. Zum Glück wird es nicht so kalt in den kommenden Nächten und die frische Luft tut eigentlich auch ganz gut.

Leider ist unsere Luftmatratze, die das zweite Doppelbett darstellt, kaputt und die Matratze wölbt sich zu einem großen Luftkissenberg. Zum Glück wohnt unser Vermieter gleich eine Tür weiter und hilft uns mit einer neuen Matratze aus.

Juna verbringt den Abend bis nach 22 Uhr mit uns. Sie hat auf dem Weg vom Flughafen bis zur Wohnung im Buggy geschlafen und ist jetzt nicht müde genug. So vertreibt sie sich den Abend mit Hörbuch hören. Neu im Sortiment: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer.

Die Wettervorhersage für die nächsten Tage sieht leider nicht so berauschend aus. Viele Wolken und auch mal Regen. Am nächsten Tag laufen wir bei bedecktem Himmel durch die Innenstadt. Wir orientieren uns an den interessantesten Straßen. Davie, Denman und Robson Street bilden ein U auf dem viel zu entdecken sein soll. Zunächst laufen wir von unserer Straße aus zur Robson Street. Dabei kommen wir schon an einem spannenden Viertel, der Mole Hill Community Housing Society vorbei. Hier stehen Häuser im Stil des späten 19. Jahrhunderts, die der originalen Bauweise nachempfunden wurden. Interessant ist dabei auch, dass es sich um ein Wohnprojekt handelt, in dem sich Gemeinschaftsräume und Grünflächen unter den Bewohnern des Blocks geteilt werden. Die Häuser sind zudem wunderschön, mit Veranda, Erkern und schönen Treppenaufgängen. Wir spazieren auch in den kommenden Tagen immer mal wieder durch dieses „kanadische Bullerbü“ in Vancouver.


Auf den Seitenstraßen von Vancouver

In Robson Street fallen uns die vielen japanischen Restaurants auf. Überall gibt es Ramen, also japanische Nudelgerichte, nicht nur das typische Sushi, das wir eigentlich als einziges japanisches Essen in Deutschland kennen. Trotzdem gibt es heute zu Mittag kein Ramen, sondern Frozen Yoghurt. Der freundliche Verkäufer ist so nett, uns auf die Tricks aufmerksam zu machen, möglichst günstigen Yoghurt zu bekommen. Da man zwischen bestellen und selber abfüllen wählen kann und das eine günstiger ist als das andere, macht das tatsächlich einen Unterschied. Echt sympathisch finden wir!

Anstatt in die Denman Street einzubiegen, gehen wir weiter bis an den Rand des Stanley Parks. Hier laufen wir ein wenig durch den Botanischen Garten bis wir an einen Spielplatz an der Küste kommen.

Ein bisschen wie in Petterssons Garten

 

Nach einer kleinen Schaukel- und Wickelpause, gehen wir an der Küste entlang wieder zurück bis zum English Bay Beach. Unterwegs werden wir von einer (etwas verrückten) älteren asiatischen Dame angequatscht, die Juna am liebsten mitnehmen möchte. Sie gibt sich dann zum Glück doch mit einem Foto mit ihr zufrieden, schwatzt uns noch ihre ziemlich überreifen Bananen auf und lässt uns dann doch weiter ziehen.

Am Abend gibt es Sushi, dass alles was wir aus Deutschland kennen, in den Schatten stellt.

Am nächsten Morgen dann das Kontrastprogramm: Endlich mal wieder Bacon und Rührei zum Frühstück!


Bacon & Eggs

Leider regnet in Strömen. Zum Glück gibt es das Vancouver Aquarium. Wieder entscheiden wir uns gegen den Bus, wieder bereuen wir es unterwegs zumindest phasenweise (ein bisschen). Es schüttet ziemlich und der Weg bis zum Aquarium im Stanley Park ist schon, naja, 3 km lang. Juna sitzt im Buggy, ich schiebe mit Regenjacke, Christian trägt Emilian unterm Schirm. Nach 300m sind meine Sneaker nass. Im Aquarium angekommen ist auch Juna pitschnass. Es müssen wohl unbedingt neue Regenklamotten für sie her. Zum Glück haben wir an Wechselklamotten gedacht. Der Eintritt ins Aquarium ist ganz schön happig: 39 CAN$ pro Erwachsenen. Die Kinder sind aber frei und der Eintritt lohnt sich an diesem regnerischen Tag allemal.

 

Unser Königspinguin

 

Seelöwenshow

 

 

Die Quallenbecken sind die Entdeckung des Aquariums!

Im Anschluss an das Aquarium laufen wir am Hafen entlang wieder Richtung Downtown. Dann stärken und wärmen wir uns im dem Café Breka. Hier gibt es köstlichen Kuchen und leckeren Milchkaffee.

Coal Harbour

 

 

Downtown

 

 

 


Brezel

Als wir fast an unserem Appartement sind, hören wir Musik, die vom Jim Deva Plaza direkt an der Davie Street kommt. Neugierig gehen wir dort noch mal vorbei und schauen nach, was dort los ist. Und zu unserer Überraschung stellen wir fest, dass hier eine Public Disco stattfindet. Ein DJ legt gute Laune Beats auf und die Szene aus LGBTQ und allen anderen feierfreudigen Menschen hat sich hier zum Tanzen und Spaß haben versammelt. Juna möchte sofort mit tanzen und mit Emilian auf dem Rücken lasse ich mich nicht zwei Mal bitten. Es wir noch ein netter Nachmittag, aus dem wir mit ein paar Bekanntschaften mehr nach Hause gehen.

 

 

Es gibt sogar Glitzerschminke!

 

 

Am nächsten Tag ist das Wetter wieder sonniger. Heute geht es nach Yaletown und Downtown.

Die Architektur erinnert hier ein wenig an eine Speicherstadt. Die Cafés haben eine schicke Note, hippe Yuppies sitzen dort mit ihren MacBooks oder Lattes und quatschen. Spannend wie sich das Publikum ändert, sobald wir an einer Sportsbar vorbei kommen.

Wo will sie denn hin??

 

Achsoo..

 

Unterwegs treffen wir das Ur-Mehmeh!

 

Backstreet

 

Mini-Fußgängerzone

 

Zum Mittag gibt es heut köstliche Crêpes – Mmmh!

Von dort aus gehen wir wieder an den Hafen und flanieren an den riesigen Kreuzfahrtschiffen vorbei.

Alle paar Minuten startet ein Wasserflugzeug zu einem Stadtrundflug

 


Blick auf Nord Vancouver

Am Abend heißt es bereits packen. Denn am nächsten Morgen wollen wir so bald wie möglich unser Appartement mit Sack und Pack verlassen. Jetzt begeben wir uns an die letzte Station unserer Reise: Kalifornien. Für mich geht damit auch ein Jugendtraum in Erfüllung, denn am frühen Nachmittag fliegen wir nach San Francisco!

 

Noch einmal durch das Mole Hill Viertel: Bullerbü in Vancouver

 

 

Heute wieder blauer Himmel

 

 

Abschied aus Vancouver.

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